Kinderlosigkeit: Ungewollt kinderlos leben

Ist der Kinderwunsch erst einmal vorhanden, wird es sehr schwer, ihn wieder loszulassen. Wenn Paare es nach langer Zeit und vielen Versuchen nicht schaffen, schwanger zu werden, ist es manchmal schwer, damit umzugehen. Wer ungewollt kinderlos ist, fühlt sich damit oft alleine. Dabei zeigen Statistiken, wie weit verbreitet dieses Problem in Deutschland ist. Obwohl es viele verschiedene Gründe dafür gibt, dass Menschen kinderlos bleiben, haben sie in ihrer Situation mit sehr ähnlichen Problemen zu kämpfen.

Paar sitzt nebeneinander auf einer Bank und schaut auf Golden Gate Bridge

Was sind die häufigsten Ursachen für Kinderlosigkeit?

Auch wenn es bei den wenigsten Paaren sofort mit der Schwangerschaft klappt, können etwa 80 Prozent der kinderlosen Paare mit einer hohen Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres schwanger werden. Langfristig sind dennoch ca. 10 Prozent ungewollt kinderlos. Die Ursache hierfür kann sich sowohl bei der Frau als auch beim Mann finden lassen.


Bei Frauen sind neben dem zunehmenden Lebensalter Hormonstörungen eine besonders häufige Ursache für die ungewollte Kinderlosigkeit. Eine Störung kann sich sowohl durch Überproduktion als auch Unterproduktion von für die Fruchtbarkeit wichtigen Hormonen äußern. Zyklusstörungen oder Schwankungen können ein Anzeichen für eine Störung des Hormonhaushalts bei der Frau sein. Hormonstörungen sind in vielen Fällen angeboren, können aber beispielsweise auch durch Magersucht oder sonstige Essstörungen hervorgerufen werden. 


Die Verklebung eines oder beider Eileiter führt in einigen Fällen zur Unfruchtbarkeit. Der Eileiter ist nicht selten in der Folge einer unerkannten Unterleibsentzündung verschlossen. Das Problem an dieser Ursache für die Kinderlosigkeit ist, dass ansonsten keine weiteren Symptome auftreten müssen, die auf einen Verschluss der Eileiter schließen lassen. 


Eine weiterer sehr häufiger Grund für einen unerfüllten Kinderwunsch der Frau ist Endometriose. Bei dieser Krankheit kommt die Gebärmutterschleimhaut auch außerhalb der Gebärmutterhöhle vor. Häufig sind davon die Bauchhöhle oder die Eierstöcke betroffen. Im Zuge dieser Krankheit kommt es zu Entzündungen, Verwachsungen oder Narbenbildung, die zur Unfruchtbarkeit führen können.


Bei Männern liegt die Unfruchtbarkeit häufig an der Qualität oder Anzahl der Spermien. Niedrige Spermienqualität kann viele Ursachen haben. Sie kann beispielsweise durch hormonelle Störungen, Medikamente oder Krankheiten verursacht werden. Eine zu geringe Anzahl an Spermien im Samenerguss kann hingegen auf einen Verschluss des Samenleiters hindeuten.

Wie verbreitet ist ungewollte Kinderlosigkeit?

Nicht schwanger werden zu können ist in Deutschland nicht so selten, wie viele denken. Etwa 6 Millionen Menschen im fruchtbaren Alter sind ungewollt kinderlos. Somit ist etwa jedes siebte Paar in Deutschland von einem unerfüllten Kinderwunsch betroffen. Die Ursache für die Kinderlosigkeit ist dabei gleich häufig beim Mann wie bei der Frau zu finden. In zirka 30 Prozent der Fälle lässt sich sogar bei beiden Partnern ein Grund für die Kinderlosigkeit ausmachen. 

Obwohl die Chancen, schwanger zu werden, mit steigendem Alter abnehmen, liegt der häufigste Zeitraum für eine Schwangerschaft erst zwischen 30 und 34 Jahren.


Vor 20 Jahren wurden die meisten Paare schon in ihren Zwanzigern Eltern. Durch veränderte Lebensstile und die fortschrittlichen medizinischen Möglichkeiten hat sich diese Situation jedoch um die Jahrtausendwende gewandelt. Das ist auch den Fortschritten in der künstlichen Befruchtung zu verdanken, auf die mittlerweile schon mehr als die Hälfte der Frauen über 35 mit Kinderwunsch zurückgreifen. Bei einer Erfolgswahrscheinlichkeit von knapp einem Drittel bleiben leider viele Paare dennoch kinderlos.

Wie kann man mit der Kinderlosigkeit umgehen?

Ungewollte Kinderlosigkeit kann in vielen Situationen auftreten und ist nicht immer endgültig. Ein erster Schritt sollte daher eine genaue Untersuchung beim Arzt sein. Dieser kann feststellen, welche möglichen Ursachen und Auswirkungen es gibt, die eine erfolgreiche Schwangerschaft verhindern. In einigen Fällen eröffnen sich neue Möglichkeiten durch die Reproduktionsmedizin. Künstliche Befruchtung und Maßnahmen zur Unterstützung von natürlicher Befruchtung sind oft eine finanzielle und psychische Belastung mit unklarem Ergebnis. Paare sollten sich vor diesem Schritt deswegen genau über alle Konsequenzen informieren und gemeinsam entscheiden, was genau sie versuchen möchten. Ein Baby um jeden Preis zu bekommen kann kinderlose Beziehungen nämlich sehr belasten, oder ganz zerstören. Wenn Sie an dem Wunsch einer eigenen Familie weiter festhalten möchten, obwohl die medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, gibt es auch die Möglichkeit ein Kind zu adoptieren. Die Adoption eines Kindes ist allerdings kein einfacher Schritt und sollte wohlüberlegt sein. Ein adoptiertes Kind kann für viele Paare ein leibliches Kind nicht ersetzten und bis die Familie zusammenwächst und Liebe und Vertrauen entstehen, kann es eine lange Zeit dauern.


Sollte es mit der Gründung einer Familie trotz all dieser Möglichkeiten nicht klappen, ist es wichtig zu wissen, dass man mit den Problemen nicht alleine ist. Die Statistik zeigt, dass sehr viele Paare ungewollt von Kinderlosigkeit betroffen sind. Es gibt viele Menschen, die mit anderen Betroffenen ihre Erfahrungen teilen. Der Austausch über Erlebtes und zu Gedanken über dieses Thema kann helfen, mit dem Leben ohne Kind besser umzugehen. Vielen Paaren hilft es, die Frage zu klären, woher der große Wunsch nach einem Kind kommt. Wenn es schwerfällt zu klären, wieso eine Familie so wichtig für den Partner ist, kann eine professionelle Beratung hilfreich sein. In vielen Fällen erhoffen sich Menschen von einem Kind ein glücklicheres Leben oder eine neue Lebenssituation. So können Paare versuchen ihre Lebenssituation durch andere Dinge zu verändern, um nicht mehr immer nur auf ein eigenes Kind zu hoffen. Dies kann beispielsweise durch einen Jobwechsel, einen Umzug oder einfach durch neue Aktivitäten alleine oder mit dem Partner erreicht werden.


Der entscheidende Schritt, um mit dem Kinderwunsch abzuschließen, besteht darin, sich klar zu machen, welche Hoffnungen und Erwartungen man an ein Kind geknüpft hat. Eine Entidealisierung des Kinderwunsches sollte angestrebt werden. Manche Frauen und Männer erhoffen sich von einem Kind, dem Leben einen (neuen) Sinn zu geben. Den Sinn und die Erfüllung im eigenen Leben zu finden, kann schwer sein. Auf diesen Weg muss man sich allerdings nicht alleine begeben. Sowohl der Partner und die Familie als auch professionelle Familienberater oder Psychotherapeuten können auf dieser Suche unterstützend mitwirken. Die Belastung ungewollter Kinderlosigkeit ist für Frauen oft besonders groß, wenn sie sich gerne als Mutter sehen würden. Der Wunsch Mutter zu werden kann von einem gefühlten gesellschaftlichen oder familiären Druck begleitet werden. Frauen, aber auch Männern, kann es daher helfen, sich über die Erwartungen anderer Gedanken zu machen und sie zu reflektieren.

Was ist der „Tag der ungewollt Kinderlosen“?

Jährlich findet jeweils am 16 Mai. der Aktionstag der ungewollt Kinderlosen statt. Dieser richtet sich an Menschen, die auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen können. Die Entscheidung, eine Familie zu gründen, ist eine der weitreichendsten im Leben. Die Phasen vor einem Kind und nach einem Kind unterscheiden sich maßgeblich. In den letzten Jahren ist es selbstverständlich geworden, dass Paare sich auch dagegen entscheiden, Eltern zu werden. Wenig Raum und Stimme wird denjenigen gegeben, die unfreiwillig kinderlos sind. Der "Tag der ungewollt Kinderlosen" soll diesen Menschen ein Forum bieten.