IVF: Ablauf, Vorteile, Risiken und Chancen
IVF (In-vitro-Fertilisation)
Bei der In-vitro-Fertilisation (lateinisch für Befruchtung im Glas) werden Eizelle (Ovum) und Spermien in einer Schale zusammengebracht. Ein Spermium befruchtet das Ei und so entsteht durch künstliche Befruchtung ein Kind. Für die IVF werden Eizellen und Spermium außerhalb des Körpers benötigt. Die Spermiengewinnung ist einfach, während die Eizellgewinnung etwas komplizierter sein kann. Die erste erfolgreiche IVF-Behandlung wurde 1978 durchgeführt. Damals konnte noch keine hormonelle Stimulation durchgeführt werden, stattdessen erfolgte die Eizellentnahme im natürlichen Zyklus. So konnte nur eine Eizelle gewonnen werden. Die Chancen auf Erfolg wären bei einer IVF ohne Stimulation vor allem bei älteren Frauen sehr ernüchternd.
Wie läuft eine IVF-Behandlung ab?
Der Ablauf der Behandlung wird in folgende Stufen unterteilt:
Hormonelle Stimulation der Eierstöcke,
Auslösung des Eisprungs,
Eizellentnahme,
Befruchtung der Eizelle im Labor,
Embryotransfer,
Unterstützung der zweiten Zyklushälfte.
Hormonelle Stimulation
Der Beginn der IVF ist die ovarielle Stimulation. Im natürlichen Zyklus reift normalerweise nur ein Ovarialfollikel mit einer Eizelle heran. Um die Erfolgschancen der Behandlung zu erhöhen, werden die Eierstöcke der Frau durch die Injektion von natürlichen Hormonen stimuliert – meist durch die Kombination aus dem follikelstimulierenden Hormon (FSH) und dem luteinisierenden Hormon (LH). So reifen im Eierstock möglichst viele Eizellen heran und ein vorzeitiger Eisprung wird zudem verhindert. Die Eizellreifung wird durch Ultraschall und Blutentnahmen überwacht.
Auslösung des Eisprungs
Sind die Eizellen ausgereift, meistens zwischen Tag 10 und 12, so wird der Eisprung durch eine weitere Hormonspritze ausgelöst. Hier wird als Präparat zumeist das humane Choriongonadotropin verwendet.
Eizellentnahme
Circa 48 Stunden später erfolgt dann in einem kleinen operativen Eingriff die Eizellentnahme. Die Entnahme kann in der Praxis vom behandelnden Arzt vorgenommen werden und wird mit Schlafnarkose oder einer kurzen Vollnarkose durchgeführt. Dabei wird ein Ultraschallgerät mit einer speziellen, dünnen Nadel in die Scheide eingeführt. Mit der Nadel werden die Eizellen durch Punktion der Follikel mitsamt der Follikelflüssigkeit abgesaugt. So können bis zu 20 Eizellen gewonnen werden, meist sind es aber nur 5 bis 10. Die Menge ist stark vom Alter der Patientin abhängig. Es befindet sich nicht immer in jedem Ovarialfollikel ein Ei, die Anzahl kann also von der im Ultraschall gesehenen Follikelanzahl abweichen. Die Eizellen werden dann im Labor in Nährflüssigkeit gegeben und genau untersucht. Es kann vorkommen, dass nicht alle entnommenen Eier auch befruchtungsfähige Eizellen sind. Am Tag der Eizellentnahme wird das Spermium des Partners benötigt. Das Sperma kann zu Hause oder in der Praxis gewonnen werden. Es wird dann aufbereitet, so dass nur die beweglichsten Spermien schließlich für die künstliche Befruchtung verwendet werden.
Befruchtung der Eizelle
Für die Befruchtung wird im IVF-Labor je ein Ei in eine Schale gegeben und ca. 100 000 Samenzellen kommen dazu. Die Schalen kommen in einen speziellen Wärmeschrank. Nach etwa 24 Stunden wird nachgesehen, ob die Befruchtung stattgefunden hat. Bei der IVF ist es genau wie im Körper rein zufällig, welches Spermium die Eizelle befruchtet. In den nächsten Tagen wird im embryologischen Labor die Entwicklung der befruchteten Eizellen kontrolliert. Der Embryo wächst zu einem Mehrzellstadium heran und wird zur Blastozyste. Es kann passieren, dass einige Embryonen sich nicht weiterentwickeln und deshalb nicht weiterverwendet werden können. Das ist ganz natürlich und würde im Körper genauso passieren.
Embryonentransfer
Sind die befruchteten Eizellen – meist an Tag 5 der Behandlung – zur Blastozyste geworden, kann der Embryotransfer stattfinden. Dafür werden eine oder mehrere Blastozysten auf ein dünnes Plastikröhrchen aufgetragen und in die Gebärmutter gelegt. Dieser medizinische Eingriff ist fast immer schmerzfrei und wird deshalb vom Arzt ohne Narkose oder Betäubung durchgeführt. In Deutschland werden im Normalfall maximal drei, eher nur zwei Blastozysten in die Gebärmutter eingesetzt. Werden bei der In-vitro-Fertilisation mehrere Embryonen eingesetzt hat das den Vorteil, dass die Chance für eine Schwangerschaft steigt. Wenn ein Embryo nicht lebensfähig ist, gibt es noch einen weiteren. Werden zu viele Embryonen eingesetzt, so kann das gefährlich sein. Denn falls alle Embryonen sich einnisten und heranwachsen, sind die Risiken für Missbildungen, Früh- und Fehlgeburten und weitere Komplikationen sehr hoch. Es muss daher eine gesunde Mitte gefunden werden, die etwa bei zwei bis drei Embryonen liegt. Überzählige Embryonen, also Blastozysten die nach einer assistierten Reproduktion übrig geblieben sind, können auf Wunsch in flüssigem Stickstoff eingefroren werden. Sie werden dann bei Misserfolg im nächsten Zyklus einer künstlichen Befruchtung eingesetzt, oder bei einer In-Vitro-Befruchtung für ein weiteres Kind auch noch nach mehreren Jahren.
Unterstützung der zweiten Zyklushälfte
Im letzten Schritt wird die zweite Zyklushälfte – die Gelbkörperphase – mit der Einnahme des Hormons Progesteron unterstützt. So kann sich die Gebärmutterschleimhaut gut aufbauen und die Chancen für die Einnistung des Embryos werden erhöht.
Welche Vorteile hat eine IVF?
Bei der konventionellen IVF-Behandlung werden viele Störfaktoren umgangen, die einer natürlichen Schwangerschaft im Weg stehen können. Der größte Vorteil ist, dass die Spermien nicht den langen Weg von der Scheide bis zum Eierstock zurücklegen müssen. Bei manchen Frauen tötet der Scheidenschleim die Spermien ab, bei manchen sind die Eileiter verschlossen, bei anderen Paaren sind die Spermien zu langsam, oder es gibt einfach zu wenige. Das sind nur einige Beispiele für Komplikationen, die bei der assistierten Befruchtung durch eine IVF keine Rolle mehr spielen.
Welche Risiken gibt es bei der In-vitro-Fertilisation?
Die Medikamente und Hormone, die im Rahmen der Behandlung verwendet werden sind zumeist keine künstlichen, sondern natürliche Hormone. Sie können aber dennoch Nebenwirkungen hervorrufen. In seltenen Fällen kann es durch die Medikamente zu einer Überstimulation der Eierstöcke kommen. Dann reifen durch die Hormoneinnahme zu viele Eizellen heran. Das klingt im ersten Moment gut, denn viele Eizellen bedeuten schließlich viele Chancen auf ein Baby. Allerdings kommt es durch die vielen Follikel zu einer starken Flüssigkeitsansammlung im Bauch, was zu schwachen bis sehr starken Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen führen kann. Außerdem muss bei einer Überstimulation auf ungeschützten Geschlechtsverkehr verzichtet werden. Denn durch die vielen vorhandenen Eizellen kann es selbst nach der Entnahme noch zu extremen Mehrlingsschwangerschaften kommen, die für die Mutter sehr gefährlich sein können. Die Eizellentnahme ist zwar nur eine Punktion, gilt aber als operativer Eingriff und erfolgt unter Narkose. Jede Narkose birgt immer ein gewisses Risiko.
Wie hoch sind die Chancen der Behandlung?
Auch unter optimalen Bedingungen ist nicht jede In-Vitro-Fertilisation erfolgreich. Die Chancen auf eine Schwangerschaft hängen von vielen Faktoren ab wie zum Beispiel dem Alter und können sehr individuell sein. Bei jungen Paaren ohne bekannte Fruchtbarkeitsstörungen ist die Erfolgschance mit einer künstlichen Befruchtung sehr viel höher als bei älteren Paaren, bei denen die Spermienqualität schlecht und die Eierstockreserve fast erschöpft ist. Weltweit betrachtet besteht bei der IVF eine Erfolgschance von 20-30% pro Embryotransfer. Das klingt nicht viel, ist tatsächlich aber sogar etwas höher als die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft auf natürlichem Wege pro Zyklus. Paare, die sich einer Kinderwunschbehandlung unterziehen, haben im ersten Schritt bereits viele Versuche unternommen, um natürlich schwanger zu werden. Häufig liegen Fruchtbarkeitsstörungen vor. Vor diesem Hintergrund sind 20-30% pro IVF-Behandlung keine schlechte Erfolgschance. Laut dem deutschen IVF-Register wurden 2015 in Deutschland 20.000 Kinder nach einer künstlichen Befruchtung geboren, 65 000 Paare entschieden sich für eine Kinderwunschbehandlung.
Welche anderen Möglichkeiten bestehen in der Reproduktionsmedizin?
Wenn die IVF nicht funktioniert, oder weitere Fruchtbarkeitsstörungen zum Beispiel bzgl. der Spermienqualiät bekannt sind, kann der Kinderwunsch dennoch in Erfüllung gehen. In der Reproduktionsmedizin werden immer mehr Methoden entwickelt, mit denen die In-vitro-Fertilisation unterstützt oder weitergeführt werden kann. Die weiterführende Methode zur IVF ist die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Die ICSI unterscheidet sich in ihrem Ablauf kaum von dem der In-vitro-Fertilisation, allerdings wird hierbei direkt ein Spermium ausgewählt, dass in jeweils ein Ei injiziert wird. Außerdem gibt es neben IVF und ICSI noch viele weitere Therapien zur Unterstützung der assistierten Reproduktion, wie etwa Assisted Hatching, In-Vitro-Maturation oder TESE.