Progesteron und Progesteronmangel: Das sollten Sie wissen

Neben Östrogen ist Progesteron eines der wichtigsten Hormone, das eine Schwangerschaft begünstigen kann. Wir erklären die Wirkung des natürlichen Hormons (auch Gelbkörperhormon oder Corpus-Luteum-Hormon genannt) auf den weiblichen Körper. Eine Gelbkörperschwäche ist häufig die Ursache dafür, dass eine Frau nicht schwanger wird oder eine Schwangerschaft nicht erhalten werden kann. In den meisten Fällen ist eine erfolgreiche Behandlung möglich.

Frau im Profil steht am Strand und schaut aufs Meer

Was ist Progesteron?

Das Hormon Progesteron gehört zur Familie der Gestagene. Gestagene sind Sexualhormone, die mit dafür sorgen, dass eine Frau schwanger wird und diese Schwangerschaft erhalten werden kann. Progesteron (Gelbkörperhormon) wird nach dem Eisprung vom Corpus Luteum (Gelbkörper) im Eierstock gebildet. Geringe Mengen werden außerdem in der Nebennierenrinde synthetisiert. Das Corpus Luteum entsteht nach dem Eisprung aus Resten des Follikels, der zuvor die Eizelle enthalten hat.


Das Corpus Luteum kann als vorübergehende hormonelle Drüse betrachtet werden, da es nun das Gelbkörperhormon (Progesteron) produziert. In der zweiten Zyklushälfte sollte der Progesteron-Wert im peripheren Blut bei 10-15 ng/ml liegen. Dabei ist zu beachten, dass es je nach Labor Schwankungen im Referenzbereich geben kann. Progesteron und seine Wirkung spielen in der zweiten Hälfte des Zyklus eine wichtige Rolle: Es wirkt unter anderem auf die Gebärmutterschleimhaut und baut diese um. Dies ist eine der Voraussetzungen, um den Körper der Frau für die Einnistung des Embryos empfänglich zu machen.


Falls die Eizelle nicht befruchtet wird, bzw. befruchtet wird aber sich nicht einnistet, produzieren die Zellen, welche sich später zur Plazenta weiterentwickeln, das Hormon hCG (humanes Choriongonadotropin). Die Wirkung des Hormons hCG beruht u.a. darauf, dass es das Corpus Luteum in einem funktionsfähigen Zustand erhält. Die Funktion des Corpus Luteum ist es, Gelbkörperhormon zu produzieren und den Körper der Frau so darauf vorzubereiten, dass sie schwanger werden kann und den Erhalt der Schwangerschaft dann zu unterstützen. Falls die Eizelle nicht befruchtet wird, baut sich das Corpus Luteum im Normalfall nach 14 Tagen ab. Der Progesteronspiegel sinkt und die Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen mit dem Effekt der einsetzenden Menstruation.

Welche Auswirkungen hat Progesteronmangel?

Im Zusammenhang mit einem Progesteronmangel liest man häufig von der sogenannten Corpus Luteum Insuffizienz (Gelbkörperschwäche) oder Lutealphaseninsuffizienz. Hier liegt meist eine gestörte Follikelreifung zugrunde. Der Gelbkörper produziert nicht genügend Hormone. Progesteronmangel hat Einfluss auf die Gebärmutterschleimhaut. Diese baut sich nur suboptimal auf und somit ist die Einnistung eines Embryos stark erschwert. Für die betroffene Frau kann es schwierig sein, schwanger zu werden. Niedrige Progesteron-Werte können auch dazu führen, dass eine frühe Schwangerschaft nicht gehalten werden kann. Zu beachten ist allerdings, dass die Plazenta (Mutterkuchen) ab der ca. 12. Schwangerschaftswoche mit der Progesteronproduktion beginnt und der Gelbkörper abgebaut wird. Daher spielt eine Gelbkörperschwäche nach der 12. Schwangerschaftswoche klinisch keine Rolle mehr. Wichtig ist zu erwähnen, dass die meisten Fehlgeburten durch genetische Defekte des Embryos bedingt und damit unabhängig vom Progesteronspiegel sind.

Wie sehen Symptome eines Progesteronmangels aus?

Die Symptome eines Progesteronmangels können variieren. Wenn man sich die Basaltemperaturkurve einer betroffenen Frau anschaut, steigt diese in aller Regel nur treppenförmig an. Es zeigt sich in der Regel eine verkürzte bis stark verkürzte zweite Zyklushälfte. Als weiteres Symptom kann sich sogenanntes „Spotting“ äußern. Damit sind Schmierblutungen vor dem eigentlichen Menstruationsbeginn gemeint. Der Erhalt einer frühen Schwangerschaft kann gestört sein. So kann es zu wiederholten frühen Fehlgeburten kommen. Da die positive Wirkung des Hormons auf die Gebärmutterschleimhaut der Frau beeinträchtig ist, kann sich diese nicht optimal aufbauen, was eine Einnistung und das Eintreten einer Schwangerschaft behindern kann. Unerfüllter Kinderwunsch kann die Folge sein.

Was ist Östrogendominanz?

Häufig stößt man bei der Internetrecherche auf den Begriff der "Östrogendominanz". Dieser bezieht sich auf das Sexualhormon Östrogen. Es handelt sich um einen Zustand, den man vor allem (aber nicht nur) um die Wechseljahre beobachten kann. Eine Östrogendominanz tritt gehäuft bei Zyklen ohne Eisprung auf, wenn der Follikel im Eierstock persistiert und die Eizelle nicht springt. Es kommt zu einem Überschuss des Hormons Östrogen, dies hat wiederum Einfluss auf die Gebämutterschleimhaut. Ein Symptom dieser Östrogen-Dysbalance können unregelmäßige und starke Blutungen sein. Typischerweise ist die Östrogendominanz mit einem Progesteronmangel und einer Corpus Luteum Insuffizienz vergesellschaftet. Zur Diagnose sollte eine sorgfältige ärztliche Abklärung und Bestimmung der weiblichen Hormone erfolgen.

Was sind die Ursachen eines Progesteronmangels?

Die Ursachen können vielfältig sein. In aller Regel liegt eine Follikelreifestörung zugrunde, welche eine Insuffizienz des Corpus Luteum bedingt. Ursachen für eine Störung im Progesteron-Haushalt können z.B.

  • zu viele männliche Sexualhormone (Hyperandrogenämie), 

  • eine Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose bzw. Hyperthyreose),

  • Diabetes Mellitus,

  • eine frühzeitige Ovarialinsuffizienz (Wechseljahre)

  • oder ein erhöhter Prolaktinspiegel (Sexualhormon) sein.

Die genaue Ursache muss individuell durch den behandelnden Arzt abgeklärt werden. Hierbei werden die Symptome erfragt und der Körper und seine Funktion genau untersucht.

Wie sieht die Diagnostik aus?

Zunächst wird eine Basaltemperaturkurve (BTK) geführt. Hierführ misst die Frau jeden Tag ihre Körpertemperatur beim morgendlichen Aufwachen und trägt diese in eine Kurve ein. Das Gelbkörperhormon wirkt nämlich auf die Temperatur im menschlichen Körper. Im Normalfall liegt ein biphasischer Verlauf vor (zwei Phasen). In der Follikelphase hat die Frau eine konstant niedrige Temperatur. Unter dem Einfluss von Progesteron (nach dem Eisprung) steigt die Temperatur um 0,4 – 0,6 C° an. Bei einer normalen Corpus Luteum Phase dauert die zweite Phase mit höherer Temperatur 12 – 14 Tage. Ist diese Phase verkürzt, kann dies ein Symptom für einen Progesteronmangel sein. Der Progesteronmangel sollte dann weiter abgeklärt werden. Dafür eignet sich eine mehrmalige Blutuntersuchung in der zweiten Zyklushälfte. Hierbei wird der Spiegel des Hormons im Körper der Frau bestimmt. Es gibt in bestimmten Fällen außerdem die Möglichkeit, eine Biopsie des Endometriums (Probe der Gebärmutterschleimhaut) zu entnehmen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Es besteht die Möglichkeit, Progesteron zu substituieren. Hierbei wird zwischen natürlichem also bioidentischem und synthetischen Progesteron unterschieden. Das natürliche Progesteron ist identisch mit dem körpereigenen Hormon der Eierstöcke. Das synthetische Hormon, oft auch als synthetisches Gestagen bezeichnet, wird vor allem in Kombination mit Östrogen zur Verhütung, Zyklusregulierung und Behandlung von Beschwerden in den Wechseljahren verwendet. Das bioidentische, also natürliche Progesteron, findet vor allem Verwendung in der Kinderwunsch-Behandlung und teilweise auch in der Behandlung von Wechseljahresbeschwerden.


Bei Symptomen einer Corpus Luteum Insuffizienz werden in aller Regel vaginal Zäpfchen in der zweiten Zyklusphase verwendet. Diese werden in unterschiedlicher Dosierung vaginal eingeführt und enthalten natürliches Progesteron (z.B. Utrogest). Hierbei handelt es sich um Kapseln, die eigentlich für die orale Einnahme von Frauen in den Wechseljahren vorgesehen sind. Das natürliche Progesteron in Kapselform wird dennoch vaginal eingeführt, da die Verträglichkeit und Wirksamkeit bei der vaginalen Einnahme besser ist. Mit der Einnahme wird in der zweiten Zyklushälfte nach dem Eisprung begonnen. Es empfiehlt sich, beim Ausbleiben der Menstruation zeitnah den behandelnden Arzt zu informieren, um eine Schwangerschaft abzuklären und das weitere Prozedere zu besprechen.


Setzt die Menstruation ein und ist eine Schwangerschaft ausgeschlossen, wird die Substitution bis zum nächsten Zyklus unterbrochen. Progesteron kann außerdem noch oral, transdermal (Creme bzw. Pflaster) oder per Injektion verabreicht werden. Diese Arten der Anwendung sind allerdings in der Kinderwunsch-Therapie seltener anzutreffen. Eine weitere Möglichkeit, den Progesteronmangel zu behandeln, liegt darin, die Follikelreifung zu verbessern. Dies kann u.a. mit Clomifen oder HMG-Stimulation (Menotropin Injektion) mit Ovulationsauslösung erfolgen. Im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung wie z.B. einer In-Vitro-Fertilisation (IVF) wird ebenfalls eine Progesteronsubstitution vorgenommen.

Quellen:


Gynäkologie und Geburtshilfe, 5.Auflage, 64-66

Klinikleitfaden Gynäkolgie Geburtshilfe, 7.Auflage, 621

https://www.pschyrembel.de/Corpus-luteum-Insuffizienz/K0590/doc/

51. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie, Geburtshilfe, Perinatologie und Pränatale Diagnostik, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin (https://bit.ly/2MnsZP0)