Embryotransfer: Das sollten Sie wissen

Der Embryotransfer beschreibt innerhalb des Prozesses der assistierten Reproduktion das Einsetzen der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterhöhle. Die Zeit zwischen künstlicher Befruchtung und der Übertragung des Embryos in die Gebärmutter erleben viele Frauen als langwierig und belastend. So einfach der Vorgang des Embryotransfers erscheint, so stellt er für den Kinderwunsch doch einen äußerst kritischen und entscheidenden Moment dar.

Embryo in sehr frühem Stadium

Ablauf eines Embryotransfers

Nachdem die Eizellen gewonnen wurden, werden sie im Reagenzglas künstlich befruchtet. Im Wesentlichen stehen dem Arzt zwei Methoden zur Auswahl. Zum einen die klassische In-vitro-Fertilisation (IVF), zum anderen die intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)Unter exakt definierten Bedingungen wachsen die befruchteten Eizellen im Labor zu Embryonen heran. Je nach Reifegrad werden diese am dritten bis fünften Tag nach der Follikelpunktion in die Gebärmutter eingesetzt.

Auswahl der Embryonen

Die Auswahl der Embryonen hat für die Einnistung und eine mögliche Schwangerschaft eine hohe Bedeutung. Für die Begutachtung der Embryonalentwicklung entscheidet ausschließlich das Aussehen unter dem Mikroskop. Dazu werden die befruchteten Eizellen regelmäßig einer Beurteilung (grading) unterzogen. Neben der Mikroskopie hat sich in den letzten Jahren eine Methode etabliert, bei der eine Infrarotkamera direkt im Brutschrank das Aussehen beurteilt. Auf diese Weise müssen die Embryonen nicht aus ihrer idealen Umgebung entnommen werden.

Reifestadien der Eizellen

Das grading unterscheidet zwei wesentliche Entwicklungsstufen. Bis zum vierten Tag ihres Wachstums werden sie nach den Buchstaben A bis D eingeteilt. Zu diesem Zeitpunkt haben sie sich im besten Fall zu 6 bis 10-Zellern entwickelt. Ab dem fünften Tag der Embryonalentwicklung wird die befruchtete Eizelle als Blastozyste bezeichnet. Die Stadien werden nun mit einer Zahl von eins bis vier benannt. Die Qualität wird zusätzlich mit den Buchstaben A bis C beurteilt. Der Reifegrad stellt immer nur eine Momentaufnahme dar und gibt keine Auskunft über die weitere Entwicklung. Spätestens mit dem Blastozystenstadium ist die Zeit reif für den Embryotransfer.

Ablauf des Embryotransfers

Die vom Reproduktionsmediziner ausgewählten Embryonen werden einzeln mittels eines dünnen Katheters aus der Nährlösung entnommen. Unmittelbar im Anschluss setzt er sie in die Gebärmutterschleimhaut ein. Der Transfer erfolgt grundsätzlich durch die Vagina und den Gebärmutterhals hindurch. Die Durchführung ist schmerzfrei, wodurch auf die Anwendung einer lokalen Anästhesie verzichtet werden kann.

Wie viele Embryonen werden transferiert?

Die Anzahl der Embryonen, welche zum Transfer geeignet sind, hängt von der individuellen Anzahl der punktierten Eizellen sowie dem Entwicklungsstadium ab.

Mehrfach-Embryonen-Transfer

Im Normalfall werden bis zu zwei der am besten entwickelten Embryonen transferiert. Die Entscheidung darüber liegt bei der Frau. Sollte die Qualität nicht optimal sein, wird der Arzt eine Entscheidungshilfe anbieten. So muss nicht unbedingt eine Blastozyste das Kriterium für eine erfolgreiche Schwangerschaft sein. Auch 8 oder 10 Zell-Stadien mit einer gut ausgeprägten Morphologie können zum Erfolg führen. Der Transfer von mehr als drei Embryonen ist als kritisch anzusehen. Mehrlingsgeburten und Fehlbildungen stellen ein großes Risiko dar.

Single-Embryo-Transfer

Studien belegen, dass ein Single-Embryo-Transfer keine wesentlich höhere Chance auf eine Lebendgeburt im Vergleich zu einem Doppel-Embryo-Transfer zeigt. Die Auswahl von Embryonen aufgrund qualitativer Merkmale ist in Deutschland verboten. Neben der Kostenfrage bleibt als Entscheidungskriterium die deutlich niedrigere Wahrscheinlichkeit einer Mehrlingsschwangerschaft.

Der Einsatz gefrorener Embryonen

Der Einsatz des sogenannten Social Freezing hat in letzter Zeit einen großen Zuwachs erfahren. Dabei können unbefruchtete, als auch befruchtete Eizellen in flüssigem Stickstoff bei minus 196 °C über einen unbegrenzten Zeitraum tiefgefroren werden. Auch beim Transfer tiefgefrorener Eizellen muss die Gebärmutter vorbereitet werden. Anhand eines Zyklus Monitoring wird der bestmögliche Zeitpunkt für den Embryotransfer ermittelt. Liegt bei der Patientin kein natürlicher Zyklus vor, wird die Uterusschleimhaut durch die Gabe von Hormonen aufgebaut.

Komplikationen

Durch die Hormonbehandlung in der zweiten Zyklusphase vergrößern sich die Eierstöcke. Bauchschmerzen, Abgeschlagenheit und ein gesteigertes Durstgefühl werden häufig beobachtet. Nach dem Transfer können die verordneten Medikamente zu Schmierblutungen führen. Dies kann auch auf die Einnistung hindeuten (Einnistungsblutung). Bei Schmierblutungen nach einem positiven Schwangerschaftstest, welche länger als zwei Tage anhalten, sollte der Arzt informiert werden. Dieser wird weitere Maßnahmen überdenken und eine engmaschige Blutkontrolle (Beta-hCG und Progesteron) anordnen. Führt die Behandlung nicht zur erwünschten Schwangerschaft, kann dies eine psychische Belastungssituationen darstellen.

Vorbereitung auf den Embryotransfer

Eine umfassende Vorbereitung auf den Embryotransfer ist entscheidend für den Erfolg des Verfahrens und das Wohlbefinden der Frau. Zu den physischen Aspekten gehört ein gesunder Lebensstil, der eine ausgewogene Ernährung, mäßige Bewegung und ausreichenden Schlaf beinhaltet. Nikotin, Alkohol und Koffein sollten reduziert oder vermieden werden.


Es ist zudem ratsam, vor dem Transfer mit dem behandelnden Arzt über die Einnahme von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln zu sprechen. Auf emotionaler Ebene kann es hilfreich sein, sich Unterstützung von einem Therapeuten oder einer Selbsthilfegruppe zu holen, um mit den Gefühlen und Ängsten rund um den Prozess besser umgehen zu können. Meditation und Entspannungstechniken können ebenfalls von Vorteil sein.

Frau die meditiert vor dem Embryotransfer

Praktisch gesehen sollte man sich über den Ablauf des Transfers im Klaren sein und sicherstellen, dass alle Termine und Medikationen gut organisiert sind. Außerdem ist es wichtig, sich im Vorfeld über eventuell notwendige Ruhezeiten oder Verhaltensempfehlungen nach dem Transfer zu informieren. Jede Frau ist einzigartig, daher sollte die Vorbereitung individuell angepasst werden, um die besten Bedingungen für den Embryotransfer zu schaffen.

Nach dem Transfer

Einnistung

Die Einnistung in der Gebärmutter ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Behandlung des unerfüllten Kinderwunsches. Bei der Nidation verschmilzt der transferierte Embryo in einem komplizierten Vorgang mit der Gebärmutter. Der Vorgang kann bis zu einer Woche dauern und ist von außen kaum zu beeinflussen.

Komplikationen

Nur ein Viertel aller befruchteten Eizellen findet einen für die Entwicklung optimalen Lebensraum in der Gebärmutter vor. Der Embryo selbst kommt aufgrund einer Fehlentwicklung gleichfalls als Ursache infrage. Genetische und immunologische Faktoren, auf mütterlicher und väterlicher Seite können ebenso eine Einnistung verhindern. Die Gewissheit über eine erfolgreiche Nidation wird erst ein positiver Schwangerschaftstest bringen.

Einnistungshilfen

Moderne Ultraschallverfahren ermöglichen die Messung von Umfang und Durchblutung der Gebärmutterschleimhaut. Hochsensible Untersuchungen im Labor können genetische Defekte aufdecken und möglicherweise einen Behandlungsansatz aufzeigen. Assisted Hatching wird angeboten, wenn die Zona pellucida (Hülle) des Embryos zu dick erscheint. Bei diesem Verfahren wird die Hülle verdünnt um das Schlüpfen und die Nidation zu erleichternUnterstützend für die Nidation können Medikamente oder eine Seminalplasmaspülung wirken.

Medikation nach dem Transfer

Mit der Übertragung des Embryos in den mütterlichen Organismus beginnt die zweite Zyklusphase. Eine entscheidende Bedeutung kommt dem Hormon Progesteron zu. Es ist für die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft mit verantwortlich. Acetylsalicylsäure (Aspirin) wirkt sich vorteilhaft auf die Durchblutung der Uterusschleimhaut aus. Ein eigenständiges Absetzen der Medikation, auch im Falle einer Schmierblutung, kann eine bestehende Schwangerschaft gefährden.

Schwangerschaftstest

Ab dem 12. Tag nach dem Embryotransfer ist ein Schwangerschaftstest sinnvoll. Dabei wird das Schwangerschaftshormon beta-hCG (humane Choriongonadotropin) im Blut gemessen. In Apotheken erhältliche Schwangerschaftstests im Urin sind aus messtechnischen Gründen nicht zielführend. Bei einem positiven Test ist die Freude groß, nur leider kommt es auch zu negativen Ergebnissen. Lassen Sie sich in diesem Fall einen Termin für eine Nachbesprechung geben.

Verhaltensregeln

Verhalten vor dem Transfer

  • Eine gefüllte Harnblase erleichtert den Eingriff.

  • Essen und trinken Sie ganz normal.

  • Sofern keine Sedierung vorgesehen ist, können Sie mit dem Auto anreisen.

  • Nehmen Sie alle Medikamente wie angeordnet.

Verhalten nach dem Transfer

  • Der Eingriff dauert etwa 15 Minuten. Im Anschluss dürfen Sie nach Hause gehen.

  • Eine Ruhezeit ist erwiesenermaßen nicht notwendig.

  • Beachten Sie strikt die vorgeschlagene medikamentöse Behandlung.

  • Baden und Schwimmen stellen kein Problem dar.

  • Sauna und Solarien sind eine Belastung für Kreislauf und Gewebe.

  • Alkohol, Zigaretten und Drogen sind Gift. Nicht nur für Sie, sondern vor allem für Ihr Kind.

  • Aktivieren Sie Ihren Organismus. Sport ja, aber kein Leistungssport, Tauchen oder Bauchtraining.

  • Scheuen Sie sich nicht, bei Komplikationen Ihren behandelnden Arzt um eine Beratung zu bitten.

Risiken und Chancen des Embryotransfers

In der modernen Reproduktionsmedizin spielt der Embryonentransfer eine zentrale Rolle, um Paaren mit Kinderwunsch zu helfen. Wie bei jedem medizinischen Eingriff gibt es sowohl Chancen als auch Risiken. Es ist entscheidend, sich über beide Aspekte gut zu informieren, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Chancen des Embryontransfers

Der Embryonentransfer bietet zahlreiche Hoffnungen und Möglichkeiten für Paare, die Schwierigkeiten haben, auf natürlichem Wege schwanger zu werden. Dank des Fortschritts in der Reproduktionsmedizin kann durch den Embryonentransfer eine erfolgreiche Schwangerschaft eingeleitet werden. Dies gibt vielen Paaren die Chance auf ein eigenes Kind. Darüber hinaus können, sollte ein erster Transfer nicht erfolgreich sein, weitere Versuche mit bereits eingefrorenen Embryonen unternommen werden, was den physischen und emotionalen Stress für die Frau reduzieren kann, da keine erneute Eizellenentnahme erforderlich ist.

Risiken des Embryotransfers

Obwohl der Embryonentransfer zahlreiche Chancen bietet, ist er nicht frei von Risiken. Zu den Hauptbedenken gehört das Risiko von Mehrlingsschwangerschaften, insbesondere wenn mehrere Embryonen transferiert werden. Mehrlingsschwangerschaften können mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Frühgeburten und Komplikationen während der Schwangerschaft verbunden sein.


Es besteht auch das Risiko, dass der Transfer nicht erfolgreich ist oder zu einer biochemischen Schwangerschaft führt, bei der der hCG-Spiegel ansteigt, aber keine klinische Schwangerschaft festgestellt wird. Zudem können Hormonbehandlungen, die vor dem Transfer angewendet werden, Nebenwirkungen und Beschwerden hervorrufen. Es ist wichtig, dass sich Paare über alle potenziellen Risiken und Vorteile im Klaren sind und eng mit ihrem Reproduktionsmediziner zusammenarbeiten.

Embryotransfer: Erfolgsaussichten

Die Erfolgsaussichten eines Embryonentransfers können durch verschiedene Statistiken und Daten aus dem Bereich der assistierten Reproduktion verdeutlich werden. In Deutschland gibt es seit 1982 das Deutsche IVF Register, welches jährlich die Zahlen und Erfolge von Kinderwunschzentren erfasst, auswertet und veröffentlicht.


Laut Statistiken des deutschen IVF-Registers kommt es über in ca. 90% aller IVF/ICSI-Behandlungen zu einem Embryotransfer. In über 30% der Fälle führt das zu einer Schwangerschaft und in rund 23% der Fälle kommt es zur Geburt eines Kindes. Dabei ist es so, dass die Chancen auf einer Schwangerschaft steigen, je öfter ein Transfer vorgenommen werden kann.


Insgesamt bieten die Statistiken des Deutschen IVF Registers eine wertvolle Orientierung für Paare, die sich mit dem Gedanken an eine assistierte Reproduktion tragen. Obwohl die Zahlen hoffnungsvoll sind, sollte man sich stets bewusst sein, dass individuelle Faktoren wie das Alter, die gesundheitliche Situation und weitere Umstände die Chancen beeinflussen können. Dennoch verdeutlicht die kontinuierliche Erfassung und Auswertung der Daten, dass Technologie und medizinische Fortschritte vielen Paaren den Wunsch nach einem eigenen Kind erfüllen können.

Embryonenschutzgesetz und Embryotransfer

In Deutschland gilt das Embryonenschutzgesetz. Es regelt das Recht auf das Leben des Kindes und den Schutz der Mutter. Wichtig im Zusammenhang mit dem Embryotransfer sind zwei Regelungen.

  • Es dürfen nicht mehr als drei Embryonen transferiert werden.

  • Für die Übertragung ist zwingend die Einwilligung der Frau notwendig

Ihr Arzt wird frühzeitig auf die gesetzliche Lage hinweisen.

Qualitätskontrolle

Kinderwunschzentren und Kliniken unterliegen einer besonderen Beaufsichtigung durch die Behörde und verschiedenen staatlichen und nicht staatlichen Gremien. Nicht zuletzt ist es im Interesse eines jeden Arztes, eine gewissenhafte Qualitätskontrolle durchzuführen. Seien Sie wählerisch in der Wahl des Arztes Ihres Vertrauens.

Quellen:


[1] https://www.institutobernabeu.com/de/ib/time-lapse-die-verbesserung-der-embryo-auswahl/

[2] https://www.wunschkinder.net/aktuell/wissenschaft/ivf-und-icsi/beurteilung-der-embryonenqualitaet- embryograding-219/

[3] https://www.wunschkinder.net/aktuell/wissenschaft/ivf-und-icsi/wie-viele-embryonen-sollte-man-einpflanzen-7753/

[4] https://www.aerzteblatt.de/archiv/208488/Fortpflanzungsmedizin-Plaedoyer-fuer-ein-neues-Gesetz

[5] https://www.wunschkinder.net/theorie/grundlagen-der-fruchtbarkeit/der-normale-weibliche-zyklus/einnistung/

[6] https://flexikon.doccheck.com/de/Assisted_Hatching

[7] https://www.kinderwunschzentrum.at/behandlung/spezial-methoden/einnistungsversagen/

[8] https://www.gesetze-im-internet.de/eschg/BJNR027460990.html

[9] https://www.researchgate.net/publication/225363460_Qualitatssicherung_und_Qualitatskontrolle_in_der_Reproduktionsmedizin