Zahlen und Erfolgsquoten künstlicher Befruchtung in Deutschland
Jedes 6. bis 7. Paar kann nicht auf natürliche Weise und ohne ärztliche Unterstützung eine Familie gründen. Zudem werden Frauen in Deutschland immer älter bei der Geburt ihres ersten Kindes. Im Alter nimmt die Fruchtbarkeit der Frau jedoch ab. Immer mehr Paare entscheiden sich dafür mit Hilfe der Kinderwunschmedizin ein Baby zu bekommen.
Bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) wird die Befruchtung der weiblichen Eizelle durch ein Spermium im Reagenzglas (in vitro) vorgenommen. Die Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) unterscheidet sich von der IVF in der Methode der Befruchtung. Bei der Insemination werden befruchtungsfähige Samenzellen in die Gebärmutter der Frau eingebracht. So soll die Eizelle schneller besser erreicht werden als nach einem Geschlechtsverkehr.
Erfolgschancen bei IVF und ICSI
Mehr als 30% aller Behandlungen mittels künstlicher Befruchtung führen zu einer Schwangerschaft. Die Erfolgschance steigt entsprechend, wenn eine Intracytoplasmatische Spermieninjektion oder eine In-vitro-Fertilisation mehrmals durchgeführt wird. Bei der Insemination liegt die Erfolgschance bei etwa 10 Prozent.
Etwa 90% aller IVF-/ICSI-Behandlungen führen zu einem Embryotransfer, bei einem Drittel kommt es zur Schwangerschaft. Ein Baby kommt in 20% der Fälle zur Welt (Baby Take Home Rate).
Die künstliche Befruchtung ist eine Chance für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch auf dem Weg zum Wunschkind. Die Risiken der IVF sind gleichzeitig überschaubar. Auch für lesbische Paare sind Behandlungen mittels In-vitro-Fertilisation und ICSI unter bestimmten Voraussetzungen in deutschen Kinderwunschzentren möglich.
Für Paare, die eine künstliche Befruchtung in Erwägung ziehen, ist der mögliche Erfolg der Methode von großer Bedeutung. Denn die IVF-Behandlung kann mit erheblichen Kosten verbunden sein. Natürlich interessieren sich nicht nur Paare mit Kinderwunsch, sondern auch Ärzte für die Erfolgsquoten. In Deutschland werden die Zahlen und Erfolge der Kinderwunschzentren einmal jährlich durch das IVF-Register erfasst und ausgewertet.
Die European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) unterhält eine Arbeitsgruppe „European IVF Monitoring“, die auf europäischer Ebene Daten reproduktionsmedizinischer Behandlungen sammelt und auswertet. Hier gibt es die neuesten Ergebnisse der Arbeitsgruppe (Table II) zu Schwangerschaften pro Punktion für IVF und ICSI. Demnach würden Reproduktionsmediziner aus Ländern wie Weißrussland, Irland oder Mazedonien zu den besten Europas zählen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vergleichbarkeit der Ergebnisse und Methoden zwischen den Ländern nicht gegeben ist. Gemäß einer US-Studie ist der Erfolg einer IVF Behandlung zudem abhängig von Beruf, Einkommen und Bildung. Es besteht wohl auch bei uns in Deutschland ein positiver Zusammenhang zwischen hohem Einkommen und der Erfolgswahrscheinlichkeit einer künstlichen Befruchtung.
Die erfolgreiche Befruchtung einer Eizelle ist nicht mit einer erfolgreichen Schwangerschaft gleichzusetzen. Wie bei jeder Schwangerschaft auf natürlichem Wege, sind auch nach der In-vitro-Fertilisation Fehlgeburten und Eileiterschwangerschaften möglich.
Gleichzeitig klappt eine IVF/ICSI-Behandlung nicht immer beim ersten Versuch. In vielen Fällen werden mehrere Behandlungszyklen durchgeführt, mit dadurch bedingten höheren Erfolgsquoten. Behandlungen, Klinikaufenthalte, Untersuchungen und Ungewissheit können zur starken psychischen Belastung und zur Belastung für den weiblichen Körper werden. Mit dem Online Calculator der University of Aberdeen können Paare ihre Wahrscheinlichkeit berechnen mit einer IVF/ICSI schwanger zu werden, entweder vor dem Start oder auch nach (erfolglosen) IVF/ICSI Versuchen. Basis ist eine statistische Langzeitauswertung.
IVF-Register D·I·R Jahrbuch 2018
Das Deutsche IVF-Register (D·I·R) veröffentlicht jährlich eine Auswertung mit aktuellen Erkenntnissen, Trends und Analysen aus aktuell 135 Mitgliedszentren in Deutschland. Seit 1982 werden die von den reproduktionsmedizinischen Einrichtungen gelieferten Daten im Jahrbuch des Deutschen IVF-Registers zusammengestellt.
Die Auswertungen sind von großem Wert für Reproduktionsmediziner, Behörden und die Öffentlichkeit. Kosten und Aufwand werden seit Anbeginn des Registers ausschließlich von Ärzten und Kliniken getragen. Die veröffentlichten Informationen sind nicht nur für das Fachpublikum interessant, sondern auch für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, die sich zu Kinderwunschzentren, Behandlungsmethoden und Erfolgsquoten informieren möchten.
Im aktuellen Jahrbuch (Download) des IVF-Registers 2018 (Stand: 08.09.2019) wurden wiederum viele Fakten und Zahlen zur Entwicklung der Kinderwunschmedizin in Deutschland zusammengetragen. Auch die im D·I·R erfassten Daten von FertiPROTEKT sind Teil der Auswertung. Im internationalen Vergleich ist die In-Vitro-Befruchtung in Deutschland sehr erfolgreich. Eine wichtige Herausforderung für die Reproduktionsmedizin liegt in der Sicherung des Erfolgs von IVF-Behandlungen bei zunehmendem Alter von Patientinnen. Zudem stehen niedrige Mehrlingsraten bei guten Schwangerschaftsraten im Blickpunkt.
Leider gibt das IVF-Register keine Zahlen und Statistiken für einzelne Zentren heraus. Auch sind keine Erfolgsquoten für lesbische Paare oder speziell zum Social Freezing verfügbar. Gleichwohl sind die Auswertungen sehr wertvoll. Für alle, die sich nicht in den umfangreichen Auswertungen verlieren möchten, gibt es Informationen für die Öffentlichkeit kurz und knapp zusammengefasst. Im Jahrbuch finden sich zudem die Kontaktdaten aller Klinken und Ärzte, die Mitglied des Deutschen IVF-Registers sind. Im folgenden haben wir interessante Zahlen aus den 135 Kinderwunschzentren des (D·I·R) zusammengestellt.
Zahlen zur Entwicklung von Kinderwunsch-Behandlungen
Weltweit wurden bislang mehr als 6,5 Millionen Kinder mittels künstlicher Befruchtung über IVF oder ICSI geboren.
In Deutschland kamen zwischen 1997 und 2014 insgesamt 250.000 Kinder nach Befruchtung außerhalb des Körpers der Mutter auf die Welt. Im Jahr 2015 wurden rund 20.000 Kinder nach IVF, ICSI und Auftauzyklen geboren.
Im Jahr 2017 wurden rund 3% aller lebend geborenen Kinder nach einer Befruchtung außerhalb des Körpers geboren. Statistisch gesehen sitzt in jeder großen Schulklasse ein Kind, das sein Leben der künstlichen Befruchtung verdankt.
Das Durchschnittsalter der Frauen, die sich mit künstlicher Befruchtung behandeln lassen, liegt stabil bei 35,2 Jahren. Das Durchschnittsalter der Männer dagegen liegt geichbleibend bei etwa 38,7 Jahren.
Die Kinderlosenquote bei 50-jährigen beträgt in Deutschland 20,8%. Das durchschnittliche Alter einer Mutter beim ersten Kind lag 2015 bei 29,5 Jahren. Die Kinderlosenquote ist in Deutschland innerhalb der letzten Jahren nicht mehr angestiegen.
Erfolgsquoten und Schwangerschaftsraten der künstlichen Befruchtung
Im Jahr 2017 wurden in den Kinderwunschzentren insgesamt 64.247 IVF- oder ICSI-Zyklen durchgeführt. In 90% der Behandlungen kam es zum Transfer, bei 33% der Behandlungen zu einer Schwangerschaft. In 71% der Fälle führte die Schwangerschaft zur Geburt. Diese Quoten sind in den letzten Jahren weitgehend stabil.
Die Baby Take Home Rate lag somit bei etwa 20%. Unter der Baby Take Home Rate wird die Erfolgsquote bei Kinderwunschbehandlungen mit künstlicher Befruchtung verstanden.
Zwei Drittel aller Behandlungen sind im Frischzyklus durchgeführt worden, ein Drittel im Auftauzyklus. Die Geburtenrate pro Behandlung im Frischzyklus lag in 2017 bei knapp 20%, im Auftauzyklus bei 18,4% pro Transfer.
78,5% der erfassten Schwangerschaften führten in 2017 auch zu einer Geburt, bei 21,5% kam es zu einer Fehlgeburt.
Es bestehen keine wesentlichen Unterschiede in den Schwangerschafts- und Geburtenraten nach IVF oder ICSI.
Von den mittels künstlicher Befruchtung in 2018 geborenen Kindern waren 78% Einlinge, 21,3% Zwillinge und 0,7% Drillinge. Zum Vergleich: Die Wahrscheinlichkeit, bei „natürlicher“ Schwangerschaft Zwillinge zu bekommen, liegt nur bei etwa 1,25%. Im internationalen Vergleich liegt der Anteil von Mehrlingen an den Geburten nach IVF oder ICSI unverhältnismäßig hoch.
Eine schwere Überstimulation tritt in 0,2% aller Behandlungen auf.
Bis zum 36. Lebensjahr liegen Schwangerschafts- und Geburtenrate stabil bei 39% bzw. 29,7%. Ab dem 37. Lebensjahr nimmt die Schwangerschaftsrate ab und die Fehlgeburtenrate zu. Patientinnen im 41. Lebensjahr haben noch eine Schwangerschaftsrate von 25,8%, allerdings nur noch eine Geburtenrate von 15%. Patientinnen ab dem 46. Lebensjahr wiederum haben nur noch eine Schwangerschaftsrate von 5 % und eine Geburtenrate von 1,7%.
Im europäischen Ausland liegt die Schwangerschaftsrate pro Follikelpunktion für IVF-Behandlungen bei 27,1% und für ICSI-Behandlungen bei 24,3%. Die Schwangerschaftsrate pro Eizellspende (die in Deutschland nicht erlaubt ist) lag bei durchschnittlich 48,5%.
Das sollten Paare mit unerfülltem Kinderwunsch beachten
Die Folgen des Alters auf die Entwicklung der natürlichen Fruchtbarkeit sollten richtig eingeschätzt werden.
Der Wechsel vom eigenen Gynäkologen ins Kinderwunschzentrum sollte rechtzeitig passieren.
Untersuchungen und der Beginn einer Kinderwunsch-Behandlung sollten frühzeitig in Erwägung gezogen werden. Bei der folgenden Behandlung dürfen Paare nicht zu schnell aufgegeben.