AMH-Wert: Das sollten Sie über das Anti-Müller-Hormon wissen bei Kinderwunsch
Was ist das Anti-Müller-Hormon?
Das Anti-Müller-Hormon (AMH) wird in den Granulosazellen heranwachsender Follikel im Eierstock produziert. Die Konzentration von AMH korreliert mit der Anzahl reifungsfähiger Follikel. Der AMH-Wert erlaubt eine Aussage über die Eizellreserve der Frau, auch Eierstockreserve oder Funktionsreserve genannt. Mit zunehmendem Alter nimmt die Konzentration des Hormons im Blut ab. Das Anti-Müller-Hormon verdankt seinen Namen dem Anatom Johannes Peter Müller. Er erforschte die Bedeutung von AMH in der Embryonalentwicklung. So spielt AMH eine bedeutende Rolle in der Geschlechterdifferenzierung. Wird es ein Junge, so findet sich AMH im männlichen Hoden. Bei einem Mädchen wird AMH erst viel später in der Pubertät produziert.
Ist das Anti-Müller-Hormon wichtig bei Kinderwunsch?
AMH gilt als Einflussfaktor für die Fruchtbarkeit der Frau bei Kinderwunsch. Durch den Wert für das Anti-Müller-Hormon kann auch das Ansprechen auf eine hormonelle Stimulation und die zu gewinnende Eizellanzahl abgeleitet werden. Ob die Höhe des Spiegels auch Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft und die Qualität der Eizellen zulässt, ist wissenschaftlich noch in Diskussion.
Wann sollte ein Test durchgeführt werden?
Das Hormon unterliegt grundsätzlich keinen Zyklus-bedingten Schwankungen. Es kann deshalb jederzeit mit großer Aussagekraft getestet und bestimmt werden. Auch dann, wenn eine Frau gerade ihre Periode hat oder die Pille einnimmt.
Wie wird das AMH bestimmt?
Für die Messung des AMH-Wert wird zunächst Blut abgenommen. Die Werte des AMH werden anschließend über eine Blutuntersuchung im Labor ermittelt.
Welcher AMH-Wert ist normal?
Die AMH-Konzentration sinkt mit zunehmendem Lebensalter der Frau. Bis zum 30 Lebensjahr ändert sich der AMH-Wert kaum (1–3,7 ng/ml). Danach fällt dieser jedoch immer weiter ab, bis in der Menopause praktisch keine Werte mehr nachweisbar sind (< 0,1 ng/ml). Ein Wert über 1 ng/ml bedeutet eine ausreichende Funktionsreserve für die weibliche Fruchtbarkeit bei Kinderwunsch. Zu beachten ist, dass die Referenzwerte je nach Messeinheit im jeweiligen Labor unterschiedlich ausfallen können.
Welche Ursache hat ein niedriger AMH-Wert und was ist zu tun?
Ein niedriger Wert für das Anti-Müller-Hormon kann in Kombination mit einem hohen FSH-Wert auf eine reduzierte Eierstockfunktion hinweisen. Das gleiche gilt, wenn dieser Wert mit ausbleibendem Eisprung einhergeht. Bei einem niedrigen Serumspiegel von < 1 µg/l wird häufig eine In-Vitro-Fertilisation (IVF) empfohlen. Es sind dann höhere Dosen der Hormone FSH oder Gondotropin nötig, um eine ausreichende Menge von Eizellen zu erhalten.
Was bedeutet ein zu hoher AMH-Spiegel?
Ein hoher AMH-Wert kann zunächst ein Indikator für eine stabile Eizellreserve sein. Anderseits können erhöhte Werte auch auf ein PCO-Syndrom hinweisen. Eine Möglichkeit zur Absenkung des AMH bietet das Präparat Metformin.
Lässt sich der AMH-Wert verbessern?
Es wird aktuell noch diskutiert ob Vitamin D Einfluss auf den AMH-Spiegel und die ovarielle Reserve hat. Weiterhin wird diskutiert, dass sich Dehydroepiandosteron (DHEA) positiv auf die AMH-Werte auswirken könnte, ebenso wie eine gesunde und biologische Ernährung. Auch Körperakupunktur kann ggf. helfen. Es wird vermutet, dass die Einnahme des Steroidhormons DHEA (Dehydroepiandrosteron) die Chance auf eine Schwangerschaft für Frauen mit schlechtem AMH-Wert erhöhen kann. Allerdings ist die Datenlage noch unvollständig. Rauchen hat definitiv einen negativen Einfluss auf die Werte des AMH. Die Nikotinmenge ist dabei unerheblich.
Schwangerschaft trotz zu niedriger AMH-Konzentration?
Frauen mit niedrigem AMH-Wert werden oft dennoch schwanger. Das zeigen die Erfahrungsberichte vieler Frauen. Lassen Sie sich deshalb bei schlechtem AMH-Wert nicht direkt entmutigen. Die Reserven der Eierstöcke könnten trotzdem noch ausreichen.
Welche Risiken birgt ein niedriger AMH-Wert nach künstlicher Befruchtung?
Eine französische Studie mit über 1000 Patientinnen die nach einer IVF oder ICSI schwanger wurden, zeigt, dass der AMH-Wert – unabhängig vom Alter und gewonnener Anzahl von Eizellen – mit der Fehlgeburtswahrscheinlichkeit assoziiert ist. In allen Altersgruppen zeigte sich mit zunehmendem AMH-Wert eine steigende klinische Schwangerschaftsrate, sowie eine steigende Lebendgeburtenrate. Interessanterweise ergab sich diese Feststellung in allen Altersgruppen unabhängig von der gewonnenen Eizellanzahl. Je niedriger der AMH-Wert ist, desto höher scheint das Fehlgeburtsrisiko bei einer Kinderwunschbehandlung zu sein.
Wo kann ich das AMH bestimmen lassen und was kostet es?
Der Frauenarzt oder ein Kinderwunschzentrum können einen AMH-Test machen und die Ergebnisse auswerten. Die Kosten dafür liegen bei rund 50 Euro. Informieren Sie sich im Vorfeld bei Ihrer Krankenkasse über eine eventuelle Kostenübernahme.
Quellen:
https://www.labor-enders.de/amh.html
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28865551
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5537834/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6058362/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30196974
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3800538/