Humane Papillomavirus (HPV) und Kinderwunsch
Das humane Papillomavirus (HPV) ist weltweit bei mehr als einem Dreiviertel aller sexuell aktiven Menschen vorhanden. Darüber hinaus wird bei 70% der an Gebärmutterkrebs erkrankten Frauen ein HPV Virus als wahrscheinliche Ursache angesehen. Obgleich entsprechende Studien fehlen, ist auch bei Männern von einer ähnlich hohen Durchseuchungsrate auszugehen.
Worum handelt es sich beim HPV?
Viren sind Krankheitserreger, welche zur eigenen Fortpflanzung einen Wirt benötigen. Im Falle des HPV Virus sind über 200 verschiedene Typen bekannt, von denen etwa 40 zu Infektionen im Genitalbereich (Genitalwarzen oder Feigwarzen) führen können. Die Viren werden in Hoch- und Niedrigrisikogruppen unterteilt. Zur Gruppe der Hochrisikogruppe gehören unter anderem die HPV-Typen 16 und 18, in deren Folge Zellveränderungen am Muttermund nachgewiesen werden konnten.
Wie steckt man sich mit HPV an?
Das HPV wird der Gruppe der sexuell übertragbaren Erreger zugeordnet. Vor allem im direkten Kontakt ist leicht mit einer Ansteckung zu rechnen. HPV gehört zu den am häufigsten durch Geschlechtsverkehr übertragenen Keimen. Das Risiko einer positiven Diagnose wird auch durch das Alter des Patienten sowie Rauchen beeinflusst.
Warum entsteht Krebs am Gebärmutterhals?
Der Gebärmutterhals (Zervix) stellt die Verbindung zwischen der Scheide und der Gebärmutter dar. Der Übergang (Muttermund) ist eine äußerst empfindliche Region. Aufgrund unterschiedlicher Zelltypen kann es im Fall einer Infektion mit dem HPV an dieser Stelle grundsätzlich auch zu krankhaften Veränderungen der Zellstruktur kommen.
Wie sieht die Früherkennung aus?
Im Rahmen der gesetzlich möglichen Früherkennung wird eine Schleimprobe aus dem Zervixkanal entnommen. Das Labor färbt diesen Abstrich mit einer Spezialfärbung nach Papanicolaou an (Pap-Test). Unter dem Mikroskop teilt der Arzt das Untersuchungsergebnis in verschiedene Grade (CIN 1 bis 7) ein. Grad 1 entspricht einem gesunden Gewebe, während es sich beim Grad 7 um einen Gebärmutterhalskrebs handelt. [1]
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei krebsartigen Veränderungen?
Bei weit über der Hälfte der Betroffenen geht die HPV-Infektion von selbst zurück. Von einer echten Heilung kann trotzdem nicht gesprochen werden, da das Virus fähig ist, im Körper unbemerkt zu überleben. Wird eine Behandlung notwendig, kann auf Medikamente sowie physikalische Maßnahmen (Kryo- oder Elektrotherapie) zurückgegriffen werden. Weitaus häufiger kommen indes operative Eingriffe zum Einsatz. Verbreitet ist die Konisation, ein Verfahren, mit dem frühe Veränderungen des Gewebes abgetragen werden. Unter örtlicher Betäubung entfernt der Gynäkologe dabei eine kegelförmige Gewebeprobe. Ist die Infektion noch nicht weit fortgeschritten, kann die Konisation im Idealfall schon zur Heilung genügen. In jedem Fall wird das entnommene Gewebe in ein Labor zur Untersuchung eingeschickt. Komplikationen sind selten zu erwarten. Infektionen oder leichte Verletzungen der Scheide und Gebärmutter können sofort versorgt werden.
Bei jungen Frauen in gebärfähigem Alter wird der Arzt bei der Entnahme besondere Sorgfalt walten lassen. Da durch die Konisation der Muttermund verändert wird, besteht bei einer Schwangerschaft die Gefahr einer Frühgeburt. Ist der entnommene Gewebekegel zu groß, kann dies zu Verwachsungen und infolge dessen zu Komplikationen bei der Geburt führen.
Wie kann man sich vor dem Papilloma-Virus schützen?
Ein wesentlicher Schutz ist die regelmäßige Teilnahme an der Krebsvorsorge. Seit dem Jahr 2007 ist eine Impfung gegen das Humane Papillomavirus in Deutschland zugelassen. Diese vorbeugende Maßnahme wird Mädchen und Jungen ab einem Alter von 9 Jahren durch die „Ständige Impfkommission“ (STIKO) des Robert-Koch-Instituts empfohlen. Ist die Impfung bis zum 14. Lebensjahr nicht erfolgt, soll diese bis zum Alter von 17 Jahren nachgeholt werden. Auch bei einem wirksamen Schutz handelt es sich nicht um eine Impfung gegen den Gebärmutterhalskrebs. Es wird lediglich einer möglichen Infektion mit den häufigsten HP-Viren vorgebeugt.
Hat eine HPV-Impfung Einfluss auf den Kinderwunsch?
In letzter Zeit wurden erste kritische Stimmen laut, die den Verdacht äußern, eine Impfung könne Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben. Sowohl für den Erfolg der HPV-Impfung als für mögliche Folgen fehlen bislang aussagekräftige Langzeitstudien. [2] Nach wie vor geht man davon aus, dass eine Impfung keine Gefahr für die eigentliche Schwangerschaft darstellt. [3] Im Falle einer Kinderwunschbehandlung sollte der behandelnde Reproduktionsmediziner dennoch über eine erfolgte HPV-Impfung informiert werden.
Kann man mit einer HPV-Infektion schwanger werden?
Die HPV-Infektion steht einer Schwangerschaft nicht im Wege. Musste die Gebärmutter allerdings aufgrund eines erkannten Tumors entfernt werden, ist eine Schwangerschaft nicht mehr möglich. Konnte der Krebs in einem noch kleinen Stadium entdeckt werden, bemühen sich die Chirurgen um eine Möglichkeit, diesen durch einen minimalen Eingriff zu entfernen. Eine Schwangerschaft ist so in manchen Fällen noch machbar. Wurde bei Verdacht auf eine Schleimhautveränderung des Gebärmutterhalses eine Gewebeprobe entnommen (Konisiation), kann eine Schwangerschaft, auch im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung durchaus stattfinden. Nur in seltenen Fällen könnten Vernarbungen dazu führen, dass Spermien nicht durch den Muttermund gelangen können. Im Verlauf der Schwangerschaft und des Geburtsvorganges muss jedoch mit Komplikationen gerechnet werden. Insbesondere das Risiko einer Frühgeburt und eines Kaiserschnittes sollte bedacht werden.
Welche Auswirkungen hat eine Infektion, wenn ich bereits schwanger bin?
Die Möglichkeit schwanger zu werden, wird durch das HPV selbst nicht beeinträchtig. Auch Untersuchungsmethoden zum Nachweis veränderter Zellen (Pap-Test, Konisation) schädigen nicht die Eierstöcke und haben keinen Einfluss auf eine Befruchtung. Ist eine Frau schwanger, wird sich ihr Körper auf diese neue Situation einstellen. Dazu gehört nicht nur eine veränderte Hormonlage, sondern auch die Umstellung des Immunsystems. Die Toleranz gegenüber fremden Eindringlingen muss größer werden, was ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen mit sich bringt. HPV-Infektionen häufen sich während der Schwangerschaft, fallen jedoch nach der Geburt wieder auf ein normales Niveau. In weniger schweren Fällen kann eine Behandlung aus diesem Grund warten, bis das Kind geboren ist. Eine engmaschige Kontrolle durch einen Pap-Test sollte dennoch erfolgen. [4]
Kann HPV auf das Kind im Mutterleib übertragen werden?
Inwiefern das humane Papillomavirus sich für den Fötus schädlich auswirkt, ist nicht ausreichend geklärt. Ob das Virus, welches bei Fehlgeburten gefunden wurde, tatsächlich in ursächlichem Zusammenhang zu sehen ist, gilt ebenfalls als unsicher. Studien konnten zeigen, dass sich nur in einem von hunderttausend Fällen Kinder im Mutterleib mit dem HPV Virus infiziert haben. [5] Warzenähnliche Wucherungen im Rachen und den Atemwegen bei Babys sind daher ein seltenes Phänomen. Um diesem Risiko entgegenzuwirken wird Müttern mit einer aktiven HPV Infektion zum Kaiserschnitt geraten.
Gibt es HPV-Infektionen beim Mann?
In den letzten Jahren wurden vermehrt Studien angestrengt, welche sich mit dem Zusammenhang zwischen dem Humanem Papillomavirus und der Fruchtbarkeit des Mannes beschäftigen. Dass das HP-Virus auch beim Mann aktiv werden kann, war schon durch nachgewiesene Warzenbildungen am Penis oder dem Hodensack bekannt. Wissenschaftlern gelang es nun, das HPV Virus gleichfalls in der Samenflüssigkeit nachweisen. Vergleichende Studien konnten belegen, dass es bei HPV im Sperma zu einer signifikant niedrigeren Schwangerschaftsrate kommt. [6] [7] Dies ist vor allem auf eine deutlich herabgesetzte Vorwärtsbewegung der Spermien zurückzuführen. Das Ziel Eierstock kann weniger effektiv erreicht werden. Zudem konnte ein höherer Anteil an DNA-Bruchstücken (DNA-Fragmentation) nachgewiesen werden, wodurch die notwendige Erbinformation nur unvollständig weitergegeben wird. In beiden Fällen kann man von einer eindeutigen Einschränkung der Fruchtbarkeit beim Mann sprechen. Eine fortgeschrittene Infektion mit dem Humanen Papillomavirus äußert sich beim Mann häufig in Tumoren am Penis und im Analbereich. Ebenso entstehen Karzinome nicht selten im Rachenraum. [8] Amerikanische Forscher vermuten, dass das Risiko an einem Mund-Rachen-Krebs zu erkranken, mit den veränderten Sexualpraktiken (Oralsex) verbunden sein könnte. [9] Hier liegt auch eine bisher noch nicht ausreichend beachtete Ansteckungsmöglichkeit für Frauen.
Quellen:
[1] 2. Interdisziplinäre S 2-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie des Zervixkarzinoms Stand 2009. In: http://www.ago-online.de/fileadmin/downloads/leitlinien/uterus/s2_leitlinie_cx_ca_240104.pdf
[2] HPV Vaccines and Cervical Precancers | CDC In: https://www.cdc.gov/cancer/dcpc/research/articles/hpv-vaccines-cervical-precancers.htm
[3] Risk of miscarriage with bivalent vaccine against humanpapillomavirus (HPV) types 16 and 18: pooled analysis of two randomised controlled trials Sholom Wacholder, study statistician and principal investigator 1Bingshu Eric Chen, assistant professor,et al BMJ: first published as 10.1136/bmj.c712 on 2 March 2010. by guest. Protected by http://www.bmj.com
[4] Gynäkologie und Geburtshilfe, Duale Reihe Weyerstahl T., Stauber M. Georg Thieme Verlag KG Stuttgart; 4.Auflage 2013
[5] Genital HPV Infection – Fact Sheet In: https://www.cdc.gov/std/hpv/stdfact-hpv.htm
[6] Human Papillomavirus Prophylactic Vaccination improves reproductive outcome in infertile patients with HPV semen infection: a retrospective study. Garolla A et al., Scientific reports 2018; 8: 912; doi:10.1038/s41598-018-19369-z
[7] Infectious human papillomavirus virions in semen reduce clinical pregnancy rates in women undergoing intrauterine insemination Depuydt C.E. et. al.; Fertil. Steril. 2019 in Press
[8] High-risk human papillomavirus in semen is associated with poor sperm progressive motility and a high sperm DNA fragmentation index in infertile men P255: Boeri L et al., EAU 2019, Barcelona
[9] Human Papillomavirus and Rising Oropharyngeal Cancer Incidence in the United States Anil K. Chaturvedi , Eric A. Engels , Ruth M. Pfeiffer , Brenda Y. Hernandez , Weihong Xiao , Esther KimBo Jiang , Marc T. Goodman , Maria Sibug-Saber , Wendy Cozen , Lihua Liu , Charles F. Lynch , Nicolas Wentzensen , Richard C. Jordan , Sean Altekruse , William F. Anderson , Philip S. Rosenberg , Maura L. Gillison DOI: 10.1200/JCO.2011.36.4596 Journal of Clinical Oncology 29, no. 32 (November 10, 2011) 4294, 4301. Published online October 03, 2011