Franziska Ferber im Interview: Coaching und Beratung für Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch
Franziska Ferber ist Coach und Beraterin für Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch. Die Münchnerin war selbst viele Jahre in Kinderwunschbehandlung. Neben dem Coaching hat Frau Ferber eigene Online Kurse entwickelt und auch Bücher zum Thema Kinderwunsch veröffentlicht. Sie ist ausgebildeter systemischer Coach und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF). Auf „Kindersehnsucht“ gibt es weitere Informationen.
FERTILA: Wie sind Sie zur Kinderwunsch Beratung gekommen?
FERBER: Ich habe selbst einen langen Kinderwunschweg hinter mir. Je länger dieser dauerte und desto schwieriger er wurde, desto mehr habe ich mir Unterstützung gewünscht – und zwar ganz „handfeste“; weniger spirituelle oder esoterische. Ich wollte beispielsweise wissen, wie ich endlich Ruhe in den Kopf und das Gedanken-Karussell bekomme… wie ich trotz des Kummers gut mit den ewigen Nachfragen von Bekannten und Kollegen umgehen kann und wie ich es schaffe, mich über die Schwangerschaft einer Freundin zu freuen, anstatt noch trauriger und verzweifelter zu werden.
Weil ich diese Art der Unterstützung nicht finden konnte, habe ich damals beschlossen, dass ich – wenn ich meinen Kinderwunschweg „überlebe“ – genau diese Hilfe anbieten werde, die ich so dringend gebraucht hätte. Und genau das tue ich heute – ich biete begleitete Online Coaching Kurse und Coachings an, die sich genau um diese Fragen drehen… die Fragen, die mit dem Kinderwunsch zusammen die „Macht“ in uns übernehmen und uns Kinderwunschfrauen so verzweifelt und einsam werden lassen. Es geht dabei um das Gedanken-Karussell, den Neid aber auch den Abschied vom Kinderwunsch.
In „Kinderwunsch Kommunikation“ geht es beispielsweise ganz konkret darum, für sich gute Antworten auf Nachfragen von Anderen zu finden und einen guten Umgang damit zu finden, das so viele Menschen eigentlich permanent über (ihre) Kinder sprechen. Kinderwunschfrauen fühlen sich dadurch oft an den Rand oder in die Rechtfertigung gedrängt – aber das muss nicht so sein. Mein Angebot habe ich an den konkreten Fragen des Kinderwunsches ausgerichtet und mit viel Leidenschaft und Erfahrung erschaffen, denn ich möchte nicht, dass sich eine Frau so „ratlos“ fühlen muss wie ich zu meiner Kinderwunschzeit. Ich bin den Weg alleine gegangen – aber ich möchte, dass die Frauen, die heute betroffen sind, davon profitieren können. Vielleicht ermöglicht es ihnen eine Art „Abkürzung“ – wenn es so wäre, würde es mich tief freuen.
FERTILA: Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer eigenen Kinderwunschzeit am Meisten geprägt?
FERBER: Das Gefühl des totalen Kontrollverlustes. Ich bin eine Frau, die mit dem Satz „wenn du dich anstrengst, kannst du alles schaffen“ gut durch’s Leben gekommen ist. Aber beim Kinderwunsch wirkte der auf eine fatale Art und Weise. Denn hier bringt Anstrengung gar nichts und an den Punkt zu kommen, wo ich merkte, dass ich tun kann, was ich will und mich nichts davon näher an mein Wunschkind bringen würde, ließ mich völlig verzweifelt zurück. Denn „nichts tun zu können“ habe ich nie gelernt; scheitern im Übrigen auch nicht.
Beides musste ich erst für mich lernen und erarbeiten – und sehen, dass ich eben doch etwas tun kann… nämlich dafür, dass ich trotz allem ein zufrieden machendes Leben leben kann und dafür aktiv werden kann. Aber das war ein langer Weg.
FERTILA: Was sind die Schwerpunkte Ihrer Beratung?
FERBER: Eine Kinderwunschfrau kann – entgegen der üblichen Ratschläge – nicht „entspannen“ oder „loslassen“. Wie soll das gehen, wenn die tiefste Sehnsucht und das, was für andere Frauen „das Normalste der Welt“ ist, sich nicht erfüllt!? Wir nennen es „Kinderwunsch“, aber in Wahrheit handelt es sich um eine „Kindersehnsucht“. Eine Sehnsucht kann man nicht „einfach in die Ecke“ stellen. Nein, sie begleitet einen Tag ein und Tag aus. Tag und Nacht. Monat für Monat. Ein Entkommen gibt es nicht.
Und dennoch braucht eine betroffene Frau einen „festen Boden“ unter den Füßen, denn ohne, wird sie die Abwärtsspirale immer mehr spüren. Mit „festen Boden“ meine ich, dass sie zunächst verstehen muss, was genau sie da so antreibt. Und das geht deutlich tiefer als „ein Kind“ oder „ein süßes Baby im Arm halten“. Daran arbeite ich mit meinen Damen. Und wenn wir dann verstanden haben, was die betroffene Frau so tief antreibt, dann erarbeiten wir gemeinsam mit Tipps, Tricks und Methoden, die aus meinem großen Koffer des eigenen Weges stammen, Lösungen. Ganz konkrete Lösungen, wie wieder ein Stück weit Hoffnung, Zuversicht aber auch Lebensfreude – trotz allem! – einkehren kann.
Ich arbeite dafür, dass die Kindersehnsucht ein Teil der Frau bleiben kann – aber der Schmerz geringer wird und sie lernt, sich in der schweren Zeit, Stück für Stück, selbst zu helfen.
FERTILA: An welchem Moment kommen Frauen zu Ihnen?
FERBER: Die Frauen, mit denen ich arbeite, melden sich meistens dann bei mir, wenn das buchstäbliche Fass am Überlaufen ist… wenn beispielsweise gerade wieder einmal die Periode eingesetzt hat und es diese „eine Mal zu viel“ war. Sie melden sich bei mir fast immer in einer akuten, nervlichen Belastungssituation und das ist auch der Grund, weshalb ich Akut-Termine auch am Abend oder am Wochenende anbiete. Einer betroffenen Frau, die gerade sehr stark leidet, werde ich aus meiner eigenen Erfahrung heraus niemals sagen „gut, dann bekommen Sie einen Termin in 4 Wochen“. Das geht nicht. Der Kinderwunsch zeichnet sich durch wiederkehrende Akut-Situationen aus und wer sich bei mir meldet, weil er sich selbst nicht mehr zu helfen weiß, für den bin ich schnell da. Online oder am Telefon – Hauptsache, die Frau bekommt schnell die Unterstützung, die sie zu einem Zeitpunkt größter Einsamkeit und Verzweiflung braucht.
FERTILA: Wie lange begleiten Sie die Frauen im Durchschnitt?
FERBER: Oh, das ist ganz unterschiedlich. Inzwischen gibt es Studien, die belegen, dass die kontinuierliche Auseinandersetzung auf der psychologischen Ebene beim Umgang mit dem Kinderwunsch vorteilhaft ist. Genau das decke ich über meine begleiteten Online Kurse ab. Da arbeite ich über eine gewisse Zeit hinweg mit den Frauen an den Themen, sie sie beschäftigen. Jedoch erlebe ich es auch immer wieder, dass eine oder zwei Coaching-Gespräche ausreichen, damit die Frau wieder mit festem Boden unter den Füßen ihren Weg beschreiten kann. Oft genug bin ich ein Spiegel, der dabei hilft, das eigene Bild wieder gerade zu rücken. Und oft genug reicht ein Blick in den Spiegel (also das Gespräch mit mir), um für sich selbst zu sehen, wie der weitere Weg für einen selbst aussehen kann und sollte.
FERTILA: Was würden Frauen über Sie sagen, die Sie begleitetet haben?
FERBER: Oh, ich weiß sehr genau, was sie sagen, denn ich habe das große Glück, ganz viel Feedback für meine Arbeit zu bekommen. „Meine Damen“ sagen, dass es ihnen unglaublich gut getan hat, mit mir zu arbeiten – weil ich selbst in genau der Situation war, in der sie heute sind und genau um die innere Qual weiß, die diese besondere Lebensphase auszeichnet. Und sie sagen, dass meine Art – eine Mischung aus großem Herz und Mitgefühl sowie klarer Analyse und viel Lösungsdenke – ihnen sehr geholfen habe.
FERTILA: Welche Situation hat Sie in Ihrer Coaching Karriere am stärksten berührt?
FERBER: Immer wieder erlebe ich es, dass eine Frau nach einem langen Kinderwunschweg doch noch ein Kind bekommt. Das rührt mich jedes Mal sehr und ich freue mich zutiefst mit ihr mit. Eine Geburtsanzeige oder WhatsApp ist ein absolutes Highlight meiner Arbeit und ich freue mich, dass ich das regelmässig erleben darf. Denn auch wenn ich kein Kind bekommen habe, so freue ich mich doch mit jeder Frau, die dieses Glück erleben darf!
Jedoch rührt es mich auch immer wieder auf’s Neue in besonderem Maße, wenn ich mitbekommen darf, dass eine Frau wieder daran glauben kann, dass sie – so oder so; ob mit Kind oder ohne – ein gelingendes, zufrieden machendes und erfülltes Leben leben wird. Wenn ich dazu beitragen kann, dass diese Koppelung „Kind = glückliches Leben“ aufgelöst wird und der Horizont sich wieder etwas weitet, bin ich oft ganz besonders tief gerührt. Auf Grund meiner eigenen Biografie glaube ich, dass „glücklich sein“ das ist, was sich die meisten Menschen wünschen. Lange Zeit setzte ich das „glücklich sein“ mit der Erfüllung des Kinderwunsches gleich; aber es ist nicht der alleinige Weg, wie ich selbst für mich entdecken konnte. Das versuche ich auch „meinen Damen“ zu ermöglichen!
FERTILA: Was machen Sie, um nach einem intensiven Arbeitstag abzuschalten?
FERBER: Wenn ich gute Coaching-Gespräche hatte oder meine Kurs-Mails in der Tiefe beantworten konnte und merke, dass ich einen Beitrag zur Stärkung einer Frau leisten konnte, dann stört mich selbst der intensivste und längste Arbeitstag nicht. Und dennoch können wir nur dann etwas einem anderen Menschen geben, wenn wir selbst etwas haben, das wir weitergeben können. Und so achte ich schon besonders darauf, dass ich genug Kraft, Energie und Fokus für „meine Damen“ habe. Dabei hilft mir am meisten eine Tasse Tee und ein Spaziergang mit meinem Hund – am liebstem an einem kühlen, sonnigen Herbsttag.
Vielen Dank, Frau Ferber, für die schönen Antworten und dass Sie sich die Zeit genommen haben!