Mit Kinderwunsch nach Tschechien

Karlsbrücke in Prag

Künstliche Befruchtung in Tschechien

Die Tschechische Republik (Tschechien) mit der Hauptstadt Prag hat rund 10,5 Millionen Einwohner und ist Mitglied der EU. Im Jahr 2018 kamen 21 Millionen Touristen ins Land, 10% davon aus Deutschland. Reproduktionsmedizin hat im Land eine lange Tradition. Bereits 1982, nur ein paar Jahre nachdem das erste Retortenbaby auf die Welt kam, wurde künstliche Befruchtung auch in Tschechien erfolgreich angewendet.


Die European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) unterhält eine Arbeitsgruppe „European IVF Monitoring“, die Daten reproduktionsmedizinischer Behandlungen sammelt und auswertet. Nach Erhebungen der Arbeitsgruppe gibt es 42 Kinderwunschzentren im Land. Mehr als 13.000 Behandlungszyklen (IVF und ICSI) werden pro Jahr durchgeführt, entsprechend über 300 pro Klinik. Rund 30% der Kinderwunschzentren führen mehr als 1.000 Zyklen pro Jahr durch. Die Schwangerschaftsrate pro IVF-Zyklus liegt bei rund 28%. Das ist vergleichbar mit den Erfolgsquoten in DeutschlandIm Bereich der assistierten Reproduktion ist das Land für Deutsche neben Spanien das wichtigste Zielland für eine Therapie im Ausland. Genaue Zahlen für grenzüberschreitende Kinderwunschbehandlungen sind laut ESHRE nicht bekannt. Nach Schätzungen sollten es etwa 5% sein.

Gründe für eine IVF in Tschechien

Für Patienten aus Deutschland sind laut ESHRE rechtliche Restriktionen das dominante Motiv für eine Therapie außerhalb des Heimatlandes. Häufig waren vorherige Behandlungsversuche erfolglos. Die Reproduktionsmedizin in der Tschechischen Republik lässt in Verbindung mit einer künstlichen Befruchtung / IVF vieles zu, was in Deutschland untersagt ist.

Eizellspende

Dazu gehört die Eizellenspende, die hierzulande durch das Embryonenschutzgesetz verboten ist und unter Strafe steht. Wer sich behandeln lassen möchte, sollte sich unbedingt zu Risiken und rechtlichen Konsequenzen beraten lassen. Bei der Eizellenspende wird eine gespendete Eizelle mit dem Samen des Partners befruchtet. Anschließend wird die befruchtete Eizelle in die Gebärmutter übertragen. Soweit mehr als eine befruchtete Eizelle übertragen werden, steigt das Risiko für eine u.U. riskante Mehrlingsschwangerschaft. Die Methode wird etwa erwogen, wenn die Eierstöcke keine Eibläschen mehr heranreifen lassen (aus Altersgründen oder aufgrund einer Vorerkrankung). Im Gegensatz zu Deutschland gibt es keine Vorgabe, wieviele befruchtete Eizellen maximal eingesetzt werden. Die Ärzte entscheiden hier „nach Stand der Wissenschaft“. Etwa 10% aller reproduktionsmedizinischen Behandlungen in der Tschechischen Republik werden mittels Eizellspende durchgeführt. Es ist gesetzlich festgelegt, dass Informationen über die Spenderin auch auf Anfrage der Empfängerin oder des Kindes hin nicht weitergegeben werden. Diese Daten sind streng vertraulich und werden vom Kinderwunschzentrum unter Verschluss gehalten.

Embryonenspende

Neben der Eizellspende ist auch die Embryonenspende erlaubt. Auch eine Embryonenauswahl nach morphologischen Kriterien ist legal. Bei der Methode wird in die Gebärmutter der Frau ein gespendeter Embryo übertragen. Die Behandlung wird in Erwägung gezogen, wenn beide Partner unfruchtbar sind, die Frau aber eine Schwangerschaft austragen könnte. Die Spende ist freiwillig und anonym. Die Empfängerin der Spende bringt das Kind zur Welt und wird im juristischen Sinne zur leiblichen Mutter. Ihr Ehemann ist der juristische Vater. In Deutschland steht die Übertragung eines gespendeten Embryos gegen Bezahlung der Spenderin unter Strafe.

Präimplantationsdiagnostik

Im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik (PID) kann eine genetische Untersuchung des Embryos vor der Einpflanzung in die Gebärmutter vorgenommen werden. Diese Tests sind bis auf wenige Ausnahmen in Deutschland verboten und strafbar, in Tschechien aber legal. Beim genetischen Präimplantationsscreening werden Zellen des Embryos in der Blastozystenkultur mittels Laser entnommen. Die Chromosomen des Embryos werden dann genetisch untersucht. So können u.U. die Erfolgsraten des IVF-Zyklus erhöht und das Risiko einer Fehlgeburt reduziert werden. Für Patienten mit genetischen Anomalien oder Träger der Gene angeborener Missbildungen ist die Präimplantationsdiagnostik ggf. eine bedeutende Chance, ein gesundes Kind zu bekommen.

Künstliche Befruchtung

Die künstliche Befruchtung ist generell nur bei heterosexuellen Paaren (Mann und Frau) möglich. Bei alleinstehenden Frauen oder bei gleichgeschlechtlichen Paaren ist eine Behandlung nicht erlaubt. Einer Geschlechtsauswahl von Embryonen ist ebenfalls nicht erlaubt.

Kosten und Erstattungen für die künstliche Befruchtung

Aber auch Kosteneinsparungen spielen eine Rolle. Die Kosten für eine ICSI oder IVF Behandlung sind in Tschechien grundsätzlich niedriger als in Deutschland. Zu den Kosten für die künstliche Befruchtung müssen allerdings noch Reisekosten, Unterkunft, Medikamente sowie ggf. Beratung hinzugerechnet werden. Zudem ist zu bedenken, dass oft mehrere Versuche unternommen werden müssen, bis es zu einer Schwangerschaft kommt. Die meisten Krankenkassen beteiligen sich finanziell an einer IVF oder ICSI. Kosten für Methoden der künstlichen Befruchtung, die in Deutschland verboten sind, werden nicht übernommen. Zudem gelten für die gesetzlichen Kassen die Voraussetzungen zur Kostenübernahme bzgl. Altersgrenzen, Anzahl maximal möglicher Zyklen, Behandlungsmethoden und Beziehungsstatus des Paares. Sobald der Behandlungsplan mit allen Leistungen im Detail vorliegt, sollte eine – ggf. anteilige – Kostenübernahme im Vorfeld mit der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung geklärt werden. Tschechische Kliniken bescheinigen nicht, dass eine Behandlung nach deutschen Richtlinien erfolgt. Soweit bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich eine künstliche Befruchtung in der Regel auch bei der Steuer geltend machen.

Das sollten Paare mit unerfülltem Kinderwunsch beachten

Eine Behandlung außerhalb Deutschlands erhöht die Komplexität. Auf folgende Punkte sollten Sie achten:

  • Psychische und emotionale Reserven spielen eine große Rolle. Ist bei beiden Partnern ausreichend Energie vorhanden, wenn bereits mehrere Versuche erfolglos waren? Ggf. sollten sich Paare in eine entsprechend qualifizierte Betreuung begeben oder auch zunächst eine Pause einplanen. Beide Partner sollten sich über die anstehenden Maßnahmen im Klaren sein. Im Ausland wird häufig keine psychosoziale Kinderwunschberatung angeboten.

  • Insoweit eine Samen- oder Eizellspende in Erwägung gezogen wird, sollten sich Paare über die große Bedeutung einer Spenderin bzw. eines Spenders für das Leben ihres Kindes bewusst sein. Wird das Kind die Möglichkeit haben, zu erfahren, wer die genetische Mutter oder der genetische Vater ist? In Deutschland haben Kinder darauf ein Anrecht. Fragen Sie in der Praxis, ob und wie lange die Unterlagen aufbewahrt werden, aus denen die Daten der Spenderin oder des Spenders hervorgehen. Eine gespaltene Mutterschaft kann einen tiefen Einschnitt in das Selbstverständnis eines Menschen bedeuten.

  • Samenspender und Eizellspenderinnen erhalten eine Aufwandsentschädigung. Möglicherweise spielt wirtschaftliche Not eine Rolle und weniger reine Hilfsbereitschaft. Eine andere Frau setzt sich gesundheitlichen Risiken aus, damit das Paar ein Baby haben kann. Das sollte unter ethischen Aspekten bedacht werden.

  • Holen Sie zudem Beratung zu rechtlichen Fragen und medizinischen Risiken ein. Auf keinen Fall sollten Sie einen Behandlungsvertrag unterschreiben, der nicht sorgfältig geprüft wurde. Ziehen Sie einen Dolmetscher hinzu, sofern es keine deutschsprachige Betreuung an der Klinik gibt. Stimmen Sie sich mit einem Arzt und ggf. einem Juristen ab, insbesondere wenn die geplante Kinderwunschbehandlung nach deutschem Recht verboten ist.

  • Vorsicht bei Vermittlern im Internet, die Sie telefonisch beraten und eine Klinik empfehlen. Diese Vermittler werden i.d.R. von Kliniken für die erfolgreiche Vorstellung neuer Patienten bezahlt und arbeiten insofern nicht unabhängig. Informieren Sie sich selbst über Ausstattung, Ärzte und Leistungen einer Klinik und lassen Sie sich ggf. medizinisch und juristisch beraten.

  • Die grundlegenden Risiken einer künstlichen Befruchtung sind international weitgehend gleich. Bei hormoneller Stimulation besteht insbesondere die Gefahr für ein Überstimulationssyndrom. Reifen vor einer Insemination mehrere Eizellen heran oder werden bei einer IVF oder ICSI mehrere Embryonen in die Gebärmutter übertragen, besteht außerdem das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft.

Quellen:


https://de.wikipedia.org/wiki/Tschechien

https://de.wikipedia.org/wiki/Tourismus_in_Tschechien

https://www.deutschlandfunk.de/reproduktionsmedizin-das-kinderwunsch-land.2540.de.html?dram:article_id=399973

https://www.czechtourism.com/de/a/reproductive-medicine/

http://library.fes.de/pdf-files/stabsabteilung/05642.pdf

https://www.gesetze-im-internet.de/eschg/BJNR027460990.html

https://academic.oup.com/humrep/article/33/9/1586/5055580

https://www.eshre.eu/-/media/sitecore-files/Publications/Strasbourg-2018/03_SHENFIELD.pdf

https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-319-44667-7_14

https://www.familienplanung.de/kinderwunsch/behandlung-im-ausland/interview-behandlung-im-ausland/

https://www.familienplanung.de/kinderwunsch/behandlung-im-ausland/embryonenspende/

https://www.familienplanung.de/kinderwunsch/behandlung-im-ausland/eizellspende/