Katharina Jozefak im Interview: Ein bisschen schwanger

Katharina Jozefak ist die Macherin von „Ein Bisschen Schwanger“ – einem Online Angebot für Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch. Sie hat selbst viele Kinderwunsch Therapien hinter sich und ist seit 2016 glückliche Mutter. Katharina Jozefak betreibt ein Blog, einen Podcast, einen Youtube Channel und in Zukunft auch noch ein Gruppencoaching. Vor kurzem hat sie ihr erstes Buch „Der Weg zum Wunder: Wissen, das ich gerne früher gehabt hätte!“  veröffentlicht.

Portrait von Katharina Jozefak und ihrem Sohn im  Babyalter, dessen Gesicht nicht zu sehen ist

FERTILA: Sie haben eine lange Kinderwunsch Behandlung mit unterschiedlichen Therapien durchlebt, bis es mit dem eigenen Kind für Sie geklappt hat. Was sind Ihre fünf wichtigsten Ratschläge, die Sie Frauen oder Paaren mit auf den Weg geben würden?

JOZEFAK: Unser Weg ist sicherlich eher eine Ausnahme und zum Glück haben es die meisten Paare nicht ganz so schwer, ihren Weg zum Wunschkind zu finden. Doch ein Kernproblem ist hierbei, dass man das immer erst im Rückblick wirklich weiss. Es macht also trotzdem für jedes Paar Sinn, beim Start in eine Kinderwunschbehandlung auf einen längeren Weg vorbereitet zu sein.


Folgende 5 Schritte würde ich für eine Vorbereitung empfehlen:


1. Man sollte sich über die normalen Kinderwunschbehandlungen schon im Voraus erkundigen. Viele Paare haben ja schon eine ganze Menge erlebt, bevor sie überhaupt den Schritt in eine Kinderwunschklinik gehen. Diese Vorgeschichte sollte man mit dem Arzt in der Klinik besprechen und hier kann man dann versuchen schon beim Start in die Behandlung eine Beratung zu erhalten, die sich an den eigenen Bedürfnissen orientiert. Einfache Infos zu den Behandlungsmethoden bekommt man auf vielen Kinderwunsch-Blogs oder der Homepage der Kinderwunschklinik, hierfür ist aus meiner Sicht die Zeit des Arztes zu kostbar und kann von dem Paar besser genutzt werden.


2. Ich würde heute jedem Patientenpaar empfehlen sich mindestens 2 Kinderwunschkliniken anzusehen und jeweils ein Beratungsgespräch zu führen. Hierbei sollte es wie schon oben erwähnt nicht um allgemeine Infos, sondern um die Behandlung des jeweiligen Paares gehen. Dabei ist, aus meiner Sicht, ein Punkt für den gesamten Ablauf der Behandlung entscheidend: Das sich das Paar als eigenverantwortlich empfindet.


Natürlich ist mir bewusst, dass das sehr viel verlangt ist und bei den Ärzten auch nicht immer gut ankommt. Doch darum geht es nicht. Aus meiner Erfahrung als Kinderwunsch-Coach und als Patientin kann ich nur empfehlen, so gut es geht bei der eigenen Kinderwunschbehandlung im Bilde zu sein, denn leider beraten nicht alle Kinderwunschzentren wie man es sich wünschen würde. Hätte ich mein Schicksal nicht irgendwann in die eigenen Hände genommen, dann würde es unseren Sohn heute sicher nicht geben. Denn die erste Klinik, in der ich bei 3 unterschiedlichen Ärzten in Behandlung war, hat auch nach 5 Fehlgeburten keine weitere Diagnostik empfohlen.


3. Das größte Problem, das sich im Laufe einer Kinderwunschbehandlung ergibt, ist mit Abstand die Psyche. Beim Start in eine Behandlung macht man sich häufig Sorgen um die körperlichen Auswirkungen der Hormone und der Eingriffe wie z.B. der Follikelpunktion. Doch schnell wird klar, dass die seelische Belastung einer Behandlung oft viel mehr Probleme macht, als man sich hätte vorstellen können. Oftmals ist es schon eine große Hilfe sich diesen Umstand überhaupt klar zu machen und zu sehen, dass dies keine Ausnahme ist, sondern absolut normal. Wenn man aber das Gefühl hat, dass die seelische Anspannung immer mehr zu einem echten Problem wird, würde ich heute immer empfehlen, sich professionelle Unterstützung zu suchen.


4. Im Hinblick auf die Erfolgschancen einer Kinderwunsch-Behandlung würde ich jedem Paar empfehlen, sich körperlich und seelisch vorzubereiten. Körperlich macht eine gute Ernährung und darauf aufbauend eine zusätzliche Versorgung mit Nährstoffen (z.B. über Nahrungsergänzungsmittel) einen Unterschied, man kann einen Blick auf unterschiedliche Schadstoffe werfen und auch hier versuchen den Körper zu entlasten. Seelisch können schon beim Start in eine Kinderwunschbehandlung Meditation und Entspannungsverfahren, sowie Yoga und QiGong helfen. All dies sind Bereiche für eine optimale Grundlage für eine Schwangerschaft.


5. Mein letzter und vielleicht auch wichtigster Tipp wäre, dass man sich besonders als Paar nicht aus dem Blick verlieren sollte. Eine Kinderwunschbehandlung stellt die Paarbeziehung auf eine echte Zerreissprobe.

Ist es mit einer IVF oder ICSI-Behandlung nicht getan, dreht sich sehr schnell das ganze Leben um den Kinderwunsch. Hier hilft es, wenn man sich als Paar immer wieder kleine Auszeiten ermöglicht. Pausen sind sowieso etwas, das man ganz aktiv einplanen sollte, denn so können sich Körper und Seele von der Anstrengung der Behandlung erholen.

FERTILA: Mit „Ein Bisschen Schwanger“ betreiben Sie ein Blog, einen Podcast, einen Youtube Channel und in Zukunft auch noch ein Gruppencoaching. Wie schaffen Sie das alles und was treibt Sie an?

JOZEFAK: Wenn ich meinem Sohn morgens ins Gesicht schaue dann ist es mir immer bewusst, wie glücklich wir sein können, dass es ihn gibt. Wenn ich auf unserem Weg viele Dinge früher gewusst hätte, dann hätten wir sicher nicht 5 Fehlgeburten gehabt. Wir waren ganz, ganz nah dran, das Glück eines eigenen Kindes nicht zu erleben. Für mich wäre damit eine Welt zusammengebrochen und ich weiss, dass es vielen Paaren heute genauso geht. Diesen Paaren möchte ich eine Hilfe sein, denn genau diese Hilfe hat mir damals gefehlt. Ich hab mir all mein Wissen aus Medizinischen Fachbüchern und Studien zusammengesucht – nächtelang. Diese Zeit war auch für uns als Paar sehr schwer, denn mein Mann konnte meine fast schon besessene Suche nach einer Lösung für unser Problem lange nicht verstehen. Ich möchte es Paaren leichter machen, schnell und unkompliziert an Informationen zu kommen, die auch für den Medizinlaien verständlich sind.

FERTILA: Gerade haben Sie Ihr Buch „Der Weg zum Wunder: Wissen, das ich gerne früher gehabt hätte!“ veröffentlicht. Wer sollte dieses Buch lesen und warum?

JOZEFAK: Ich denke das Buch ist für jedes Paar, dass mit dem Gedanken spielt den ersten Schritt in eine Kinderwunschbehandung zu gehen, zu empfehlen. Wer das Buch gelesen hat, weiss ganz genau was ihn erwartet und was man tun kann, wenn es nicht gleich bei der ersten IVF oder ICSI klappt.


Selbst für Paare, die schon die erste, zweite oder dritte IVF oder ICSI hinter sich haben, finden sich wahrscheinlich noch Informationen, die man so in der Kinderwunschklinik nicht unbedingt bekommt.

FERTILA: Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit für Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch erreichen?

JOZEFAK: Ich möchte in allererster Linie unterstützen und Mut geben. Schaut man sich meinen Kinderwunsch-Kanal an oder hört man regelmäßig meinen Podcast, dann wird man sehr wahrscheinlich auf Dinge stoßen, auf die bisher bei der eigenen Behandlung noch nicht eingegangen wurde. Diese Dinge geben Paaren dann oftmals den Mut und die Hoffnung zurück.


Ein weiterer wichtiger Punkt ist für mich der gesellschaftliche Blick auf Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, der das Problem heute noch lange nicht als das sieht, was es ist: Eine echte Krankheit, mit einem enorm hohen Leidenspotenzial. Studien zeigen, dass ein unerfüllter Kinderwunsch psychisch ähnlich belastend ist, wie eine Krebserkrankung. Das wird heute noch vollkommen unterschätzt und die gesellschaftliche und politische Unterstützung, ganz besonders auch finanziell und rechtlich, ist ein echtes Problem.

FERTILA: Sie haben viele Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch kennengelernt und Ihnen Rat und Unterstützung gegeben. Was denken Sie, würden diese Frauen über Sie sagen?

JOZEFAK: Ich hoffe sie würden sagen, dass sie das Gefühl hatten, dass ich alles menschenmögliche unternommen habe, um sie bei ihrem Kinderwunsch zu unterstützen.

FERTILA: Die Ursache für unerfüllten Kinderwunsch liegt ja genauso häufig beim Mann wie bei der Frau. Dennoch beschäftigen sich fast immer nur die Frauen mit dem Thema. Woran liegt das aus Ihrer Sicht und könnte sich das einmal ändern?

JOZEFAK: Eine schwierige Frage, die man ohne Generalisierung kaum beantworten kann. Ich denke es gibt ganz unterschiedliche Konstellationen und auch Männer erkundigen sich durchaus über die Möglichkeiten. Allerdings findet der Großteil der Behandlung eben doch im Körper der Frau statt und so ist es für Männer sicher auch leichter, vom Thema Kinderwunsch auch einfach einmal ein Stück Abstand zu nehmen.

FERTILA: Die rechtlichen Möglichkeiten für eine Behandlung sind in Deutschland im Vergleich mit Nachbarländern stark eingeschränkt. Zudem sind viele Menschen finanziell auf sich alleine gestellt, wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt oder sich eine Behandlung hinzieht. Was könnte Deutschland aus Ihrer Sicht da besser machen?

JOZEFAK: Sehr, sehr viel! Das Embryonenschutzgesetz gehört schon lange reformiert und auch das Verbot der Eizellspende sollte überdacht werden, denn wenn ein Paar diesen Schritt gehen möchte, dann kann es das auch heute machen. Es ist eben einfach nur gezwungen dafür ins europäische Ausland zu fahren.


Ein ganz wichtiger Punkt ist aber die unzureichende finanzielle Unterstützung der Paare. Nachdem seit dem Modernisierungsgesetz der Gesetzlichen Krankenversicherung (2004) der unerfüllte Kinderwunsch für gesetzlich versicherte Paare nicht mehr als Krankheit gilt, müssen die Paare 50% der Kosten für eine künstliche Befruchtung selber zahlen. Alleine das übersteigt die finanziellen Möglichkeiten vieler Paare. Doch es gibt auch noch viele Situationen, in denen die Krankenkassen so gut wie gar keine Leistungen übernehmen. Ist ein Paar z.B. auf Spendersamen angewiesen, da die Spermien des Partners nicht vorhanden sind oder die Qualität einfach nicht ausreicht, oder es eine erbliche Vorbelastung gibt, muss das Paar die gesamten Kosten der Kinderwunschbehandlung selbst bezahlen.


Diese Liste könnte man nun noch beliebig fortführen. Es gibt noch sehr viel, dass sich im Bereich des unerfüllten Kinderwunsches verbessern sollte. So lange über das Thema nicht offen gesprochen wird und es keinen offenen gesellschaftlichen Diskurs gibt, ist es für die Politik aber leicht, die Themen immer wieder in die Zukunft zu schieben. Trotzdem hoffe ich, dass sich in Zukunft vieles ändert und die Situation der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, dadurch wenigstens in diesem Bereich etwas leichter wird.

FERTILA: Wofür begeistern Sie sich, wenn Sie nicht an „Ein bisschen schwanger“ arbeiten?

JOZEFAK: Am allermeisten natürlich für meinen Sohn. Hole ich Ihn am nachmittag von seiner Tagesmutter ab, bin ich ganz für ihn da. Mit seinen fast 3 Jahren fällt ihm immer etwas ein, womit er seine Mama beschäftigen kann. Gibt es dann doch mal eine ruhige Minute, liebe ich es zu lesen, wobei hier dann die Grenzen wieder verschwimmen. Denn hier handelt es sich dann doch meistens um Fachbücher.

Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen, liebe Frau Jozefak.